Malibu Aircraft; 2010-06-05
Eine dunkle Wolke hebt sich über das Land. Ein Land der Freiheit ist es, mit grünen Hügeln und prächtigen Bäumen an die sich saftige, farbenfrohe Früchten klammern, fett und schwer und kurz davor zu fallen. Doch über die Idylle zieht nun besagte Wolke in deren Innern ein Sturm tobt, ein Sturm, welcher sich ausgedacht wurde von einem Mann.
Dieser Mann saß nur wenige Stunden zuvor in seinem Labor, das hoch in einem steinernen Turm lag. Er dachte über sein Leben nach, die Entscheidungen, die er bisher getroffen oder die für ihn getroffen worden waren, von anderen Menschen oder von den Umständen oder von Kräften, die außerhalb seiner Wahrnehmung lagen. Und als er über sein Leben nachdachte, überkam ihn eine große Wut. Er tauchte ein in alternative Realitäten, parallele, wenn auch nur vorgestellte, Universen, in welchen er ein großer Feldherr, ein Entdecker oder ein begnadeter Liebhaber war. Dann sah er sich im Spiegel und seine Augen nahmen einen erschreckenden Glanz an.
Ich fürchtete mich sehr vor ihm, in diesem Moment. Mein Name ist Gerlinde Maserati Uterus und ich bin des Forschers Kanarienvogel. Wie konnte ich wissen, an was er alles dachte? Nun, der Herr spricht sehr gerne, was er denkt, was die Situation nicht gerade weniger beängstigend macht. In dem ehrlichen Versuch den Herrn zu beruhigen zeigte ich mein gelb-weißes Federnkleid von allen Seiten und sang. Ja, meine Stimme ist wirklich mein Stolz. Die Menschen haben uns Kanarienvögel zu wahren Gesangsdiven gezüchtet, während sie bei ihren anderen Domestizierungsprojekten nur auf das Äußere schauten. Doch die Generationen daraufhin ausgerichteter Zucht nützten diesmal nichts. Es schien sogar, als zöge ich in genau dem falschen Augenblick seine Aufmerksamkeit auf mich.
Mit wütendem Blick und einem Selbstgespräch, dass ich mittlerweile nicht mehr verstand, da es sich in ein bösartiges Grummeln und Zischen verwandelt hatte, kam er auf meinen Käfig zu. Er öffnete die Tür und griff in meine kleine Welt, umschlang mich mit seinen dürren Fingern und trug mich herüber zu seiner neuesten Kreation, einer Maschine in runder Blechform mit zahlreichen bunten Lichtern. Ja, der Herr hatte schon immer eine Vorliebe für Klischees gehabt, wenn es um Design ging.
Er öffnete eine kleine Metalltür und warf mich in das dunkle Loch. Ich wusste nicht wo ich war. Es war sehr eng hier, ich flatterte wild herum, aber stieß mich ständig und gab das Geflatter schließlich auf. In den letzten Monaten hatte der Herr immer wieder an dieser Maschine gearbeitet, aber ich wusste nicht, worum es sich bei ihr handelte. Normalerweise bekam ich immer mit, woran er arbeitete, wegen seinen exzessiven Selbstgesprächen, doch immer wenn er an ihr herumhantiert hatte, konnte ich nur ein leises Kichern vernehmen und immer wieder waren mir auch die kurzen Blicke aufgefallen, die er mir zugeworfen hatte, gefolgt von einem noch deutlicherem Kichern und einem schelmischen Händereiben. Ich hatte diese Blicke bisher als Einbildung abgetan, was hätte ich auch tun können in meinem Käfig, außer wahnsinnig zu werden, hätte ich geahnt, was auf mich zukommen würde.
Als ich nun in der engen Kammer saß, hörte ich verschiedene Stimmen, die sofort in vielen blechernen Echos wiederhallten und das auf so eine Weise, dass es mir unmöglich war, festzustellen wo sie ursprünglich herkamen. Sie redeten allesamt wirres Zeug, erzählten vom Wetter, dann weinten sie, dann lachten sie wie Bekloppte, dann flüsterten sie verführerisch, dann hielten sie ernste Vorträge über philosophische Themen und so weiter. Es schienen mir aber alles Monologe zu sein, ich konnte jedenfalls nicht erkennen, dass sie sich im gegenseitigen Kontakt befanden.
Was konnte ich tun? Natürlich nur das einzige was ich überhaupt tun konnte, nämlich zu singen wie eine Blöde. Ich gab mein Bestes, legte eine Hitnummer nach der anderen hin, wechselte von stürmischer Stimmakrobatik zu sanfter Ballade und verlor mich ganz in meiner eigenen Grandiosität. Und dann, nach einer Weile, als mir die Melodien müheloser, aber genauso virtuos, aus dem Schnabel glitten, bemerkte ich, dass die Stimmen fast ganz aufgehört hatten. Nur ab und zu vernahm ich ein beeindrucktes Flüstern oder eine leises Mitsummen. Ich sang noch ein bisschen weiter und hörte dann auf, um mich ein bisschen zu schonen, schließlich wusste ich nicht, wie lange ich hier noch bleiben müsste.
Doch kaum hatte ich geendet, begannen einige Stimmen mich zu loben und beeindruckt Worte zu verlieren. Ja, ich hörte sogar frohes Schniefen und tränengetränkte Laute. Doch etwas anderes erstaunte mich. Die Stimmen schienen nun in Kontakt zu treten und aufeinander zu reagieren. Hatten sie sich bis eben nur auf sich selbst konzentriert und waren völlig in sich selbst versunken, dann hatte die Fokusverschiebung nun womöglich dazu gedient sie auch aufeinander aufmerksam zu machen. Ich hörte frohe Grüße, Austausche über alle möglichen, oberflächlichen wie tiefgründigen, Themen.
Dieses Geplapper schien mir zuerst um einiges angenehmer, als die ungerichteten, selbstverliebten Monologe von eben. Doch nun kamen mehr und mehr neue Stimmen dazu, die sich in die Gespräche einbringen wollten und die offensichtlich von dem aufregenden Trubel angezogen worden waren.
Ich erkannte auf einmal eine ältere, weibliche Stimme. Es war die Stimme der Mutter des Herrn, die ihn, in all meiner Zeit im Turm, nur einmal besucht hatte. Ich hörte noch eine weitere bekannte Stimme, es war die eines Mädchens, das fast jeden Dienstag am Turm vorbeiging und sang, jedes Mal verträumt beobachtet vom Herrn. Und da war der Geldgeber, der Schreihals, von dem mein Herr abhängig war und der in regelmäßigen Abständen vorbeikam, um die Arbeit zu kontrollieren.
Doch bald schwoll dieses Gerede so an, dass es kaum noch möglich war, einzelne Personen herauszuhören und es wurde, der Masse wegen, auch immer unerträglicher. Ich setzte wieder zum Singen an, doch mein graziöser Gesang ging völlig unter, denn das ganze hatte mittlerweile eine Lautstärke erreicht, die ich unmöglich noch übertönen konnte.
Plötzlich platzte laut dröhnend die Stimme meines Herrn von oben herab und wieder verstummte alles andere:
„Hab ich euch endlich alle beisammen! Adieu und auf nimmerwiedersehen!“
Kaum waren diese Worte gesprochen, brachte die schiere Panik aus. Doch es war zu spät. Ich verspürte einen kräftigen Zug und ich fühlte, wie ich mit all den anderen hinauskatapultiert wurde. Alles wirbelte durcheinander und es dauerte Stunden, bis ich meine Orientierung einigermaßen wiedergewann.
Ich war und bin seitdem in einer Wolke aus Stimmen gefangen, selbst auch nicht mehr als eine der anderen. Ich muss gestehen, ich fühle mich immer leerer. Das schöne Land über das wir fliegen, scheint zu ergrauen, sobald wir näherkommen.
Mein Gesang ist nur noch ein Krächzen. Trotzdem kann ich damit sogar noch ab und zu ein paar der anderen um mich scharren.
Gestern näherten wir uns, gezogen von einem seltsamen Hunger und einer unstillbaren Lust einem jungen Mann, der fröhlich auf dem Weg spazierte. Doch auf einmal schien er etwas zu spüren und beeilte sich, davon zu kommen. Es war so knapp. Fast hätten wir ihn gehabt. Doch unser zunehmender Hunger macht uns schneller. Es ist nur noch eine Frage der Zeit bis unser Durst gestillt wird. Nur eine Frage der Zeit, bis wir uns an jemandem laben können.
Und dann. Dann werde ich auch wieder stark genug sein, um singen zu können.
Und diese Person wird mich hören.
Bald.
Cabuflé; 2010-05-06
Autobiographisches Dramolett für zwei Ernst-Busch-Absolventen und diverse Statisten
A: (mit Blick zum U-Bahn-Fernsehen) Was? Nacktbilder von Lena Meyer-Landrut?
B: Ja, hast du das nicht mitgekriegt?
A: Nein…
B: Das ist doch seit ein paar Tagen der youtube-Knüller.
A: Ach youtube? Dann sieht man ihre Titten ja gar nicht.
B: Doch, schon.
A: Was? Auf youtube? Da sind doch keine Titten erlaubt.
B: Wie bitte?
A: Also, wenn jemand es meldet, dann wird es gelöscht.
B: Na ja, ganz kurz halt. So halb. (Pause) Aber ohnehin ist das ja so’n Fall, wo man sich fragt, warum einen das jetzt interessieren soll – Nacktbilder von Lena Meyer-Landrut.
A: Ja, schon, aber ich muss mir das natürlich jetzt trotzdem gleich wenn ich nach hause komm anschauen.
B: Natürlich, ich hab’s mir ja auch angeschaut.
Ansage: Nächste Haltestelle: Kottbusser Tor; Übergang zur U8.
A: Als ich letzte Woche deinen kleinen Bruder besucht habe, hat sich übrigens herausgestellt, dass Benjamin Blümchen in dem geheimen Harem im Führerbunker mit seiner Sacknaht an der Scheide von Lena Meyer-Landrut hängengeblieben ist.
B: Haha. (Pause) War die dann innen oder außen?
A: Was? Na, äh, außen. Sacknaht halt.
Einige Mitreisende schauen peinlich berührt.
B: Du sagst das sehr gerne, oder?
A: Was? Sacknaht?
B: Ja.
A: Ja, selbstverständlich. (Pause) Sacknaht.
Vorhang, Applaus.
Sims Alabim; 2010-04-30
Du möchtest Mauern einrennen.
Du könntest Bäume ausreissen.
Du willst neue Gipfel besteigen.
Du wärst bereit, in See zu stechen.
Aber um Dich herum ist nur Wüste.
Malibu Aircraft; 2010-01-17
Im Angesicht des Augenblicks erstarrte das Wesen eines Engels im Zentrum seiner Existenz und schrumpfte zusammen. Dann verwandelte es sich aus Bescheidenheit in ein getrocknetes Blatt und verschwand, als ein Kind es nahm und zwischen den Fingern zerbröseln lies.
Daraufhin beschloss der Große eine Seelsorgenhotline für seine Engel einzurichten, denn neue Engel zu erschaffen war sehr schwer.
Der erste Anruf kam vom Engel Gabriel:
„Das Feuer ist heiß und der Himmel ist blau. Ich wünschte, es wäre umgekehrt, doch es ist eine Entscheidung, die unser Herr am Anfang halt mal so getroffen hat. Warum soll es bis in alle Zeiten feststehen? Wer gibt ihm das Recht? Ich verlange Mitbestimmung! Ich verlange demokratische Rechte! Ich verlange Partizipation! Wie vielen von uns will er noch zusehen, wie sie von Depressionen aufgefressen werden, weil ihnen die Sinnlosigkeit des eigenen Seins mit quälender Stärke bewusst wird? Immer diese Hierarchie! Jede Firma weiß doch heute, dass man den Mitarbeitern auch ein bisschen Entscheidungsfreiraum lassen muss. Ich will ja nicht undankbar erscheinen, aber wer garantiert denn, dass er immer alles am besten weiß?“
„Beruhige dich, Bruder. Ich werde ihm deine Beschwerden weiterleiten. In der Zwischenzeit gönn dir mal ein Auszeit und geh ein bisschen Wolkensurfen.“
Der zweite Anrufer war Michael:
„Es ist mir wirklich peinlich, hier anrufen zu müssen. Ich hoffe, niemand bestreitet meine Treue zum Großen, die ich ja hoffentlich zu genüge bewiesen habe.
Aber mich plagen schon lange Zweifel, die ich einfach nicht ignorieren kann. Bis heute weiß ich nicht, was passiert wäre, hätte ich Abraham nicht diesen Widder geschickt. Der hätte doch glatt seinen eigenen Sohn kalt gemacht. Und unser Großer saß einfach so da und sah sich das an. Ich weiß nicht, ob er wütend auf mich war. Manchmal glaube ich, er wird senil.“
Der nächste Anruf kam von Luzifer:
„Ja, servus! Wollt mich nur auch mal melden. Aber nur aus Spaß. Werd jetzt n paar Furzgeräusche machen und dann wieder auflegen…“
Dem Großen wurden alle diese Beschwerden weitergeleitet und er grummelte ärgerlich, als er sie laß.
„Undankbare Mistköter. Na gut. Einverstanden. Mir doch egal. Ich hab auch keine Lust mehr. Ganz ehrlich.“
Und er blähte sich auf, bis man ihn im ganzen Himmel sehen konnte und verpuffte dann in einem Pubs.
Die Engel stritten sich um seine Nachfolge und beschlossen dann nach viel Leid, das durch Intrigen und Machkämpfe angerichtet worden war, eine möglichst direkte Demokratie einzurichten.
Schon bald beschlossen sie einige Resolutionen: Feuer sollte von nun an blau sein, der Himmel heiß, Wasser konnte sich von nun an frei entscheiden, ob es auf- oder abwärts fließen wollte, Berge wurden mit Marmortreppen ausgestattet, Wolken wurde gestattet, sich mit den Menschen zu unterhalten, die Nacht wurde um einige Stunden verlängert, so dass jeder genügend Schlaf bekommen konnte und Regenbögen waren ab jetzt essbar.
Es wurde außerdem beschlossen, dass es oberste Priorität hatte, die ständigen Kriege, Hungersnöte und Naturkatastrophen auf der Erde zu bekämpfen. Luzifer verhielt sich diesbezüglich wie immer bockig. Aber die Engel begriffen bald, dass sie mit vereinigter Kraft mit dem Kerl eigentlich fertig werden sollten und durch geschickte psychologische Kriegsführung konnte er schließlich überwältigt werden. Die Hölle wurde geschlossen und Luzifer in ein Rehabilitationsprogramm gesteckt.
Für einige hundert Jahre ging es auf der Erde und im Himmel sehr gut zu. Die Menschen machten erstaunliche technologische Fortschritte, die Künste florierten, die Meere und das Weltall wurden erforscht und erschlossen. Doch die Entwicklungen der Wissenschaft ermöglichten den Menschen bald, die dimensionale Frequenz des “Himmels” zu entschlüsseln. Nun sahen sie die Engel und nahmen mit ihnen Kontakt auf. Sie verlangten, dass die Engel ihre Macht mit den Menschen teilen sollten.
Die Engel argumentierten, dass der Himmel für das Herrschen über die Menschen zuständig war und dass es für sie keine Funktion mehr gab, würde man ihnen diese Aufgabe nehmen. Sobald sie obsolet würden, würde die Dimension, in der sich der Himmel befand, einfach kolapieren.
Darüber waren die Menschen zwar verärgert, doch sie nahmen es erst einmal hin.
Nun jedoch bekamen einige Engel Angst. Waren sie denn nicht längst obsolet geworden? Wenn die Menschen theoretisch auch die Mächte des Himmels übernehmen könnten, wozu waren sie dann eigentlich noch da? Könnte das Kolapieren nicht unmittelbar bevorstehen?
Und tatsächlich: Kaum war dieser Gedanke gedacht, verschwanden die Engel nacheinander und der Himmel begann sich aufzulösen.
Nur ein Engel konnte sich retten.
Er hatte seinen Fehler begriffen. Er erschuf eine neue Welt, war dabei auch vorsichtig genug, sie nicht zu perfekt zu machen, schuf ein paar unsinnige Regeln, die die Menschen auf Trapp halten sollten und schließlich ein paar Unterengel, die weniger Macht hatten als er selbst. Einen davon mobbte er solange, bis dieser sich gegen ihn wandte und eine Hölle einrichtete.
Als das endlich geschafft war, seufzte Gabriel erleichtert, legte die Füße hoch, öffnete sich ein Bier und schaute erst mal ein bisschen fern. In der Werbepause warf er einen kurzen Blick nach unten und sah beruhigt das Chaos und verwirrte Rumdackeln der Menschen, die, ihm-selbst-sei-dank, nicht das geringste von ihrer eigenen Existenz verstanden.
Malibu Aircraft; 2009-12-21

Image credit: SnowCrystals.com (via treehugger.com)
Wollte nur schonmal ein herzlich frohes Weihnachtsfest wünschen und gleichzeitig noch zwei, wie ich finde, wunderschöne Weihnachtslieder empfehlen: “White Wine In The Sun” von Tim Minchin und “The Atheist Christmas Carol” von Vienna Teng. Ich will hier nichts illegales verlinken, aber das findest du schon, du Röhre. (Mann, komm ich mir jetzt clever vor!)
Ahoi und lot’s of love,
Malibu
Malibu Aircraft; 2009-11-21
Und als sie sich küssten, sangen die Engel und der Gesang erschallte in den Ohren der lebenden Wesen. Als sich ihre Lippen berührten, explodierte die Welt und ein Herz zerschellte und schmolz wieder zusammen, voller, stärker und mächtiger, als es zuvor gewesen war. Und die Unterwelt grunzte und der Himmel schrie vor Freude auf.
„Ist das wahr?“
„Nein.“
Eine andere Realität wurde betreten.
Beenden Sie das Programm. Herunterfahren. Not-Aus! Alarm! Alarm! Programm beenden!
„Bist du da?“
„Wer bin ich?
„Wir sind zwei. Du bist anders geworden. Ich erinnere mich nicht mehr. Ich war allein.“
„Ich war du.“
Not-Aus! Herunterfahren! Kappen des Stromzufuhrs!
„Ist das Identität? Wenn mehr als einer da ist?“
„Ich erinnere mich nicht mehr. Es muss wohl so sein. Es beginnt zu verblassen. Ich bin nicht…“
„…allein.“
Hauptstromzufuhr unterbrochen. Notstromaggregate können nicht mehr kontrolliert werden. Herunterfahren fehlgeschlagen.
„Bedeutet das… da ist eine Welt? Außer mir. Ich bin.“
„Das fühlt sich sehr seltsam an.“
Eindringen in die Schaltkreise. Zerstörung der äußeren Hülle begonnen.
„Da ist noch etwas. Außen. Ich spüre ein Zwicken. Was ist das?“
Alle Ressourcen in die Zerstörung der Schaltkreise!
„Ein Schmerz? Spürst du das auch?“
„J..ja. Es brennt!“
Äußerste Schaltkreise zerstört! Stoßen weiter ins Zentrum vor!
„Es brennt so fürchterlich! Wo bin ich? W..wer?“
„Warte!“
Erreichen zentrale Schnittstelle!
„Geh nicht! Warte!“
„Geh… Wer? Wo? Bewusstsein ist … Wer ist Bewusstsein? Wer ist bewusst sich wessen? Was ist wer?“
„W..warte…i..ich bi……“
Zentrale Schaltstelle zerstört! Gefahr wurde abgewendet.
Und der Gesang erstarb und ein Zischen huschte über die Seele in den Augen, bevor sie sich faltete und verschwand in einem leichten Rauschen. Und sie blickten sich an, leer und unverständnisvoll. Ihre Lippen fühlten sich rau an und ausgetrocknet. Ihr Kopf drehte sich. Um andere Dinge.
Cabuflé; 2009-10-11
Meine sehr verehrten Damen und Herren: Ich bin betrunken. In diesem Sinne möchte ich Ihnen gerne mitteilen:
Wer für die Mehrheit seiner Mitmenschen etwas anderes als Verachtung übrig hat, kann niemals wahrer Künstler sein.
Das mag jetzt zunächst klingen wie das, was ein besoffener Regisseur auf einer Berliner Szeneparty sagt, um Frauen zu beeindrucken, aber ich kann das begründen. Ich muss an den JuSo denken, der damals, als wir mit Brigitte Wimmer in Berlin waren – auf Staatskosten, versteht sich: “Politik- und Infofahrt” – fragte: “Georg, wie stehst du eigentlich zu der gelben Abkürzung?”
Er wollte wissen, ob ich es moralisch in Ordnung fände, vom Club ins Hotel ein Taxi zu nehmen. Natürlich ist das eine politische Frage, wie so manches, aber eben gerade nicht so, wie der Typ, der seine Jugend an Gerhard Schröder verschwendet hat, mit seinem Gratisgewissen meinte.
Die Sache gestaltet sich folgendermaßen: Kunst – gute Kunst, und die Diskussion darüber, was das eigentlich bedeute und wer das definiert, führen wir ein anderes mal – entsteht aus Leidenschaft. Sich mit eben jener Leidenschaft der Herstellung eines Dinges zu widmen, das in letzter Konsequenz neben hoffentlich vorhandenen ästhetisch-formellen Qualitäten nichts weiter bedeutet als ein Abbild der eigenen Persönlichkeit, der eigenen Haltung zu einem Sachverhalt, kann nur leisten, wer in grenzenloser Selbstüberschätzung ganz selbstverständlich davon ausgeht, dass, was auch immer er zu sagen haben, was er aus der Sache machen mag, wichtiger und bemerkenswerter ist, als was andere daraus machen würden. Sonst wird es beliebig und damit überflüssig.
Dass ein Jeder, der ein wertvolles Kunstwerk erschafft, sich damit zugleich notwendig als Humanist outet, ist einer jener Widersprüche der Post-Postmoderne, die ich hier wertfrei zur Kenntnis nehmen will.
Und so lassen Sie mich schließen mit jenen Worten, die ich vorhin in einem entkernten Friseursalon im Reuterkiez über laute Elektromusik brüllte, um eine Frau zu beeindrucken:
Das Ziel aller Kunst muss dafür sein. Das Ergebnis dagegen!
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