Zum Tod von Michael Jackson habe ich eigentlich nichts zu sagen.


Sims Alabim; 2009-07-12

Vielleicht geht es einem auch nur so, wenn man ein web.de – Postfach hat, aber ich frage mich: Ist auf der Welt tatsächlich so wenig los, dass man aus dem Tod von Michael Jackson wirklich jeden Tag eine neue Schlagzeile generieren muss?
Ich war nie ein Fan, aber trotzdem kann ich anerkennen, dass hier eine bedeutende Persönlichkeit der öffentlichen Wahrnehmung gestorben ist. Aber haben wir denn inzwischen von Todesursache, Beerdigungsspeisenfolge, Mordverdacht, Obduktionsbericht und Erbschaftsregelung bis hin zu den persönlichen Traumata anderer Stars, weil sie bei seiner Beerdigung schlecht gesungen haben, nicht jeden möglichen Aspekt eines Todesfalles abgefrühstückt?
Können zumindest die Medien (und die Facebook-Community) Michael Jackson jetzt nicht Mal in Frieden ruhen lassen?
Es nervt einfach!

Oder wird das so ablaufen, wie in den 90er Jahren mit Superman, als DC-Comics ihren verstaubten Helden dadurch zu neuem Erfolg geführt haben, dass sie ihn erst mit viel Brimborium sterben ließen, ihn dann mit noch mehr Brimborium beerdigten, ihn dann in mehreren verschiedenen Inkarnationen auferstehen und die Leser über Monate rätseln ließen, wer von diesen wohl der echte Superman sei, bis letzterer schließlich mit maximalem Brimborium auch wieder zum Leben erwachte?

Das wäre doch, nachdem sich die Superstars und Topmodells langsam abnutzen, die Idee für eine neue Castingshow: Die Welt sucht den auferstandenen King of Pop! Ist sein Talent an seine Geschwister übergegangen? Ist seine Seele in den Leib eines Barpianisten aus New Orleans oder eines Telefonverkäufers aus England gefahren? Hat er sich schon vor Jahren klonen lassen? War er in Wirklichkeit ein Vampir? Oder hat ein Erzengel persönlich den goldenen Deckel von seinem Sarg gerissen und “Jacko” zurück ins Reich der Lebenden geführt? Waren die zahlreichen Operationen von vorn herein nur dazu da, das Original von potentiellen Wiedergängern ununterscheidbar zu machen?

Seht Ihr, als ich mich vor ein paar Minuten hingesetzt habe, um dieses kleine Pamphlet zu schreiben, wollte ich eigentlich auf diese ganzen Aasgeier-Scherze verzichten. Aber web.de schafft es, dass ich über Personen und Ereignisse schreibe, über die ich eigentlich nicht einmal nachdenken will. Ich nenne das das Dieter-Bohlen-Phänomen. Ich glaube, dass dieser Mann eigentlich kaum echte Fans hat. Ich glaube, seine Medienpräsenz nährt sich vor allem dadurch, dass Dieter Bohlen 80% der Bevölkerung allein durch die Tatsache, dass man an seiner Fresse nicht vorbeikommt, derartig auf die Nerven geht, dass allein dieser Hass als Legitimation für die nächste Schlagzeile ausreicht. Ich unterstelle ihm und seinem Management weiterhin, dass die das genau wissen, und ihn absichtlich zum Buhmann des Feuilletons und der halbwegs geschmackssicheren Mehrheit des Deutschen Volkes stilisieren. Dieter Bohlen lässt einem keine andere Wahl, als ihn entweder irgendwie zu mögen oder zu hassen, man kann sich ihm gegenüber nicht neutral verhalten, weil er einem dazu zu penetrant von allen Leinwänden sein Zahnpastawerbungsgrinsen entgegenschleudert.

Und wieder einmal stehe ich dem Phänomen der Celebrities hilflos gegenüber. Denn gerade, sie nicht zu mögen, ist genau der Beitrag, den man leisten muss, um Dieter Bohlen, Paris Hilton und Heidi Klum im Fokus des Interesses zu halten. Roger Willemsens äußert charmante Entgleisung, dass er gerne “sechs verschiedene Sorten Scheiße aus dieser Frau herausprügeln” würde, hat leider auch nur dazu geführt, dass Heidis Management eine Gelegenheit hatte, sich über die “Gewaltandrohung gegen eine schwangere Frau” entrüstet zu zeigen. Und wieder genug Aufmerksamkeit generiert, um den Preis für die “Werbeinseln” im Topmodell-Sumpf in die Höhe zu treiben. Und man erinnert sich jetzt auch wieder daran, wer der Mann im blauen Anzug war, der früher so eine Talkshow hatte.

Bei aller Friedlebigkeit meiner Wenigkeit gibt es in den dunklen Winkeln meines Gemütes einen Teil, der sich diebisch darüber freuen würde, wenn endlich einmal jemand diese Drohungen wahr machte. Wenn endlich einmal ein Kandidat im Casting von DSDS eine Schusswaffe dabei hätte, und das, was Dieter Bohlen anstelle eines Hirns hat, über den billig gecasteten Rest seiner Jury verteilen würde. Aber nun hat uns der Fall Jackson leider gezeigt: Nicht einmal das würde helfen! Nicht einmal wenn sie tot sind hat man Ruhe vor denen! Vielleicht bleibt einem dann wirklich nichts anderes mehr, als Absätze wie diesen zu schreiben, in der Hoffnug, dadurch wenigstens den eigenen Aufmerksamkeits-Koeffizienten zu pushen…

Categories : Diverses

Neulich, in der Stadt…


Sims Alabim; 2009-06-17

Dramatis Personae: Er & Sie

Die Situation: Er ruft Sie an. Ihr passt es gerade nicht. Ihm ist das egal.

Er:

„Ich muss Dir unbedingt erzählen, was ich gestern erlebt habe. Ich hatte gehört, dass Gott in der Stadt wäre, und ich dachte mir, den könnte ich doch mal auf unser kleines Problem ansprechen.

Ich bin also zu ihm hin und als er gerade einen Augenblick Zeit hatte, meinte ich zu ihm, dass ich mich zwar nicht aufdrängen wollte, aber schon gerne eine Auskunft von ihm hätte. Er sieht mich an und sagt: Na dann, wie kann ich Ihnen helfen?

Ich sage: Es ist ja so, es gibt doch sicher jemanden, den Du für mich bestimmt hast, eine Frau halt, und weil ich jetzt schon Mitte Dreißig bin und sie noch immer nicht getroffen habe, dachte ich mir, wo Du schon Mal in der Stadt bist, ich frage einfach Mal, wann ich sie denn endlich treffe, weil dann könnte ich auch wesentlich besser für den nächsten Urlaub planen…

Und Er sieht mich an und fragt: Wie war der Name noch Mal? Ich sage meinen Namen und er klappt sein großes, goldenes Buch auf und schlägt nach unter K. Dann schaut er eine Weile und runzelt die Stirn und sagt: Das ist aber komisch, sie hätten der Frau schon vor über fünf Jahren begegnen sollen.

Und ich sage: Na, das lässt sich ja leicht aufklären. Wie heißt sie denn?

Und dann sagt er mir Deinen Namen.”

Er lässt eine dramatische Pause. Sie will etwas erwidern, hat die Länge der dramatischen Pause aber überschätzt.

Er:

Genau das habe ich auch gedacht! Ach die, sage ich, ja, die kenne ich, aber das kann doch nicht die Frau meines Lebens sein? So richtig zum Heiraten und Kinderkriegen? Ich meine, wir beide schaffen es nicht einmal, für eine Woche in Urlaub zu fahren, ohne dass wir uns am Ende angiften! Wie sollten wir denn zusammen…?  – und so weiter. Aber er deutet einfach in sein Buch und sagt: Das ist die Frau. Wenn ihnen das nicht passt, dann kann ich da jetzt auch nichts machen.

Sie:

„Hast du ihm gesagt, dass wir beide uns getrennt haben? Dass deine Traumfrau in einer neuen Beziehung glücklich ist und dass sie, auch wenn du das nicht einsehen willst, mir dir nichts mehr zu tun haben will?”

Er:

„Ja, klar, habe ich das gesagt. Aber ich meine: Das ist Gott! Für den sind solche Sachen Peanuts! Der muss sich normalerweise mit ganz anderen Kalibern rumschlagen. Und er sagt dann auch irgendwann zu mir: Also, wenn es euch Zweien zu mühsam wird: Bitteschön, dann lasst es bleiben. Es muss ja auch nicht jeder heiraten. Ihr könnt auch euer Leben lang alleine bleiben oder dem Falschen  – wird ja heutzutage auch sehr gerne genommen. Ist mir egal. Mehr als euch beide füreinander bestimmen kann ich auch nicht. Ein Bisschen was müsst ihr schon auch dazutun. Und jetzt muss ich mich entschuldigen, denn es gibt auch noch Leute, die haben echte Probleme…

Und damit dreht er sich um und lässt mich stehen. Tja, das war`s.”

Sie:

„Und das musstest du mir jetzt unbedingt erzählen?”

Er:

„Ich dachte nur, es wäre nur fair, wenn du es auch weißt.”

Sie:

„Danke. Was würde ich nur ohne dich machen?”

Er:

„Dein Leben lang alleine bleiben oder den Falschen heiraten.”

Fortsetzung folgt…?

Was nix kost, is nix wert


Sims Alabim; 2009-05-14

Irgendwie  bin ich in einer schizophrenen Situation: einerseits möchte ich selbst mit der Schaffung von Kulturgut (Filmen, Büchern oder Comics) mein Geld verdienen, andererseits beteilige ich mich mit diesem Blog hier aktiv an einer Entwicklung, die die Aussicht auf ein solides Einkommen in dieser Branche immer zweifelhafter macht. Einerseits bin ich der Meinung, dass in einer idealen Gesellschaft allen Menschen alle Kulturgüter kostenlos zur Verfügung stehen sollten – andererseits sehe ich moralisch keinen Unterschied, ob man einen Film im Netz herunterlädt oder die DVD im Saturn unter der Jacke an der Kasse vorbeischmuggelt. Einerseits liebe ich das Internet für sein großes anarchistisches Potential, andererseits kann ich mich einfach nicht dagegen wehren, dass das Selbstverständnis, dass die Betreiber von Pirate Bay an den Tag legen, mich zum Kotzen bringt. Ich muss es einfach sagen: Ein breites Portal für das Herunterladen von Musik, Filmen und Computerprogrammen anzubieten, hat nichts mit dem Kampf für die Freiheit von Kunst und Kultur zu tun, sondern ist organisiertes Verbrechen. Nicht nur, weil es einzelnen Menschen die Möglichkeiten an die Hand gibt, eine Straftat zu begehen, sondern vor allem, weil es eine Haltung zementiert, die der Kunst weit mehr Schaden als Nutzen bringt: Während sich in allen Bereichen des Lebens die Menschen damit auseinandersetzen müssen, dass man für jeden Furz zu bezahlen hat, betrachtet man kulturelle Gegenstände als Inhalte eines freien Selbstbedienungsladens und ignoriert vollkommen, dass es auch Menschen gibt, die davon leben müssen.

Ich, dem die Idee des bedingungslosen Grundeinkommens noch längst nicht radikal genug ist, bin der erste, der bereit dazu ist, gegen Kapitalismus und Monopolismus zu Felde zu ziehen. Der erste, der bereit ist, sich hinzustellen, und zu sagen: Das Recht eines Menschen, an sämtlichen Erzeugnissen der Zivilisation teilzuhaben, sollte völlig unabhängig sein von der Arbeit, die dieser Mensch innerhalb dieser Zivilisation ausführt. Ich glaube tatsächlich daran, dass das Grundprinzip von Internetportalen wie Wikipedia, in der richtigen Weise weitergedacht, der einzige Ausweg aus der Misere ist, in die die Finanzwelt uns hineingeritten hat.

Im Internet besteht, zumindest theoretisch, die Möglichkeit, eine Art freie und unkapitalistische Gesellschaft zu erschaffen. Wikipedia beispielsweise befreit uns von der Monopol- und Autoritätsstellung  des Großen Brockhaus, und ermöglicht ein “Wissens-Sharing”, zu dem jeder Mensch seinen Teil beitragen, und (noch wichtiger) auch davon profitieren kann, ohne zunächst selbst einen Beitrag ableisten zu müssen. Die administrativen Kräfte sind wahrhaftig auf ihre administrativen Funktionen reduziert, es gibt (zumindest, wenn man Wikipedia als geschlossenes System betrachtet) keinerlei Priviliegien und Exklusivitäten, die zu Machtmissbrauch anregen. Entstanden ist dabei eine für jedermann zugängliche Wissensquelle, die meiner Erfahrung nach erheblich zuverlässiger ist, als etwa DER SPIEGEL. Da mögen Startschwierigkeiten und Kinderkrankheiten drin stecken, aber das Prinzip des offenenen Forums funktioniert im Netz doch einigermaßen gut. Wer einen Blog betreibt, kann seine Meinung unzensiert, unredigiert, unangepasst und unverfälscht an alle weitertragen, die bereit sind, sich darauf einzulassen. Das System legt mir als Schreiber keinen Maulkorb an und zwingt Euch als Leser keinen Einheitsbrei auf: Wem meine Meinung nicht behagt, kann mit ein paar Klicks die genau entgegengesetzte finden – und er muss nichts dafür bezahlen.

Ich verdiene allerdings auch nichts dabei. Muss ich ja auch nicht. Ich mache das ja freiwillig. Mir geht es ja um die Sache. Oder um den Spaß. Und so lange ich die Freizeit habe, in der ich mir das leisten kann, profitiert jeder von der Situation. Der Ärger fängt an dem Tag an, an dem ich mit meiner Schreibe Geld verdienen muss. Und dann feststelle, dass es zwar für mein Ego ungeheuer toll ist, wenn die Leute meine Sachen gut finden, ich mir aber im wahrsten Sinne des Wortes davon nichts kaufen kann. Weil meine Leser sich daran gewöhnt haben, für meinen Blog nichts zu bezahlen, meine Bücher kostenlos auf ihr E-Book zu laden, meine Lieder von Freunden auf dem USB-Stick rüber zu ziehen, meine Filme auf YouTube zu sehen oder sich bei Pirate Bay runterzuladen, und meine Comics gleich mit. Vorausgesetzt natürlich, diese Filme werden überhaupt gedreht, weil die Absatzzahlen von Kinokarten und DVD-Verkäufen so rapide gesunken sind, dass die Industrie das zur Herstellung eines Films leider in absurder Höhe nötige Geld lieber in eine neue Klamotte von Mario Barth steckt, als in die Gehversuche eines Jungregisseurs. Die wenigen, die dumm genug sind, einen Diebstahl auch dann für einen Diebstahl zu halten, wenn das Diebesgut nur aus Daten besteht, und sich tapfer meine DVDs kaufen, werden dafür mit nicht wegschaltbaren, prätentiösen Spots genervt, die ihnen jenes schlechte Gewissen einzureden versuchen, das diejenigen, die eigentlich gemeint sind, schon lange nicht mehr haben.

Dass das Internet uns mit der Idee vertraut macht, dass alles darin kostenlos zu haben ist, hat leider zu einer erheblichen Schieflage geführt, was die schlichte Akzeptanz der Tatsache angeht, dass diejenigen, die den Content liefern, dafür auch gearbeitet haben. Ein gesellschaftlich relevanter Ansatz muss mit Geben und Nehmen zu tun haben, doch das Nehmen scheint sich im Netz erheblich schneller durchzusetzen, als das Geben. Man findet nichts dabei, Musikbibliotheken auf iTunes zu haben, deren Komplettspielzeit länger ist als die eigene Lebenserwartung, und für die man keinen Schnatz bezahlt hat, weil “Stars wie Micheal Jackson eh so reich sind, die merken das doch gar nicht.” Nein, die Micheals dieser Welt, ob sie nun Jackson oder Bay mit Nachnamen heißen, merken das tatsächlich nicht. Aber ich und 90 Prozent meiner Freunde, die mit mir das Studium an einer Filmhochschule begonnen haben, die werden das merken. Weil sie nämlich ihr Geld als Schnittassistenten bei Bauer sucht Schwein verdienen müssen! Weil die wenigen, die noch das Glück haben werden, einen Film finanziert zu bekommen, sich für einen Ausschnitt aus einem Beatles-Song, egal welche künstlerische Wirkung sie damit erzielen könnten,  dumm und dämlich bezahlen müssten, während sich jeder Depp den Song im Netzt für Umme runterlädt. Denn die Copyright-Inhaber wuchern natürlich dort, wo sie es noch können: Bei anderen Künstlern, die ein Stück nicht auf ihren mp3-Player laden, sondern als Baustein für ein weiteres Werk verwenden und damit letztlich den Kulturschatz bereichern möchten.

Natürlich, so lange ich die Zeit habe, unbezahlt seitenlang über diese Misere zu jammern, hat mich diese Misere eigentlich ja noch nicht so fest im Griff, dass ich zu Jammern wirklich Grund hätte. Natürlich ist Videopiraterie nur einer von unendlich vielen Gründen, die einem das Leben als Filmemacher schwer machen. Natürlich wird der Schaden, den sie anrichtet, hochgespielt und überbewertet. Natürlich, auch ich habe früher Filme im Fernsehen auf VHS aufgenommen, mir CDs von Freunden auf Kassette überspielt, natürlich sind auch auf meiner Festplatte Musikordner, die ich mir von Freunden rübergezogen habe. Und natürlich ist einem Künstler, der seine Berufung erst nimmt, die Tatsache, dass viele Leute seine Botschaft vernehmen wichtiger, als die Tatsache, dass viele Leute für seine Botschaft bezahlt haben.

Das ändert aber nichts daran, dass 99 Prozent der User von Pirate Bay keine Idealisten sind, die an einer neuen, freien Gesellschaft bauen, sondern Schwaben im Geiste, die einfach keinen Bock haben, für etwas zu bezahlen, was man auch umsonst bekommen kann. Leute, die weder die Traute noch den Ansporn, noch die Ehrlichkeit sich selbst gegenüber hätten, jeden Tag auf dem Heimweg im Müller Markt eine DVD zu klauen, es aber geil finden, Star Trek schon zwei Wochen vor Kinostart aus dem Netz gesaugt zu haben. Das ist Egoismus, nichts anderes. Mit einer MiniDV Kamera in eine Sneak Preview zu gehen, den Film aufzunehmen und ihn ins Netz zu stellen, ist keine Anarchie sondern Vandalismus.

Es sind keine beruflichen Existenzängste, die mich so sauer machen, sondern die Tatsache, dass hier versucht wird, vollkommen eigennützigem Verhalten einen idealistischen Anstrich zu verpassen. Wer für freien Austausch von Gütern ist, der muss für den freien Austausch von allen Gütern sein, und nicht nur von denen, die sich digitalisieren lassen. Ansonsten sollte er zumindest die Eier haben, sich dazu zu bekennen, dass er zwar nicht mehr bei Saturn einkauft, den dortigen Werbeslogan aber verinnerlicht hat.

Ich wäre jedenfalls sofort bereit dazu, sämtliche Werke, die ich hoffentlich in der Zukunft noch irgendwie zustande bringe, sofort nach ihrer Fertigsstellung allen Menschen im Netz kostenlos zur Verfügung zu stellen. So lange die User der Filesharing-Plattformen mich dann auch umsonst mit Essen versorgen, mir die Haare schneiden und die Zähne richten, mich durch die Gegend chauffieren, mir die abgerissenen Knöpfe wieder annähen, die Fußreflexzonen massieren und meine Wohnung mit Heizung, Strom und Wasser versorgen.

Paintball für Winnenden


Sims Alabim; 2009-05-11

Amokläufe an Schulen wird es jetzt keine mehr geben. Nicht etwa, weil scharfe Waffen aus dem Verkehr gezogen würden, nicht etwa, weil man darüber nachdächte, aus der Schule wieder etwas anderes zu machen als eine Selektionsmaschine für die 80 zu 20 Gesellschaft, sondern, weil die potentiellen Gefährder in Zukunft nicht länger auf den Paintball-Schlachtfeldern zu Killermaschinen werden.

Die Bundesregierung hat sich also nach der letzten Bluttat zu Konsequenzen durchgerungen, und die bestehen aus dem Verbot von Paintball.

(Okay, nebenbei denkt man noch über die biometrische Sicherung von Waffenschränken nach, aber “da ist die Technik noch nicht so weit…”)

Ich hatte lange überlegt, in Sachen Amoklauf von Winnenden lieber mein Maul zu halten. Ich wollte mich aus einer derart emotional aufgeladenen Thematik heraushalten, und meinen Ärger darüber herunterschlucken, dass der Politik auf der Suche nach Gründen (bzw. Schuldigen) nichts anders einfällt, als Actionfilme und Ego-Shooter verantwortlich zu machen. Nicht erst seit der Lektüre von “Kinder brauchen Monster” bin ich der Meinung, dass Gewalt in den Medien uns eher dabei hilft, mit Gewalt umzugehen, als dass sie Gewalt erzeugen würde. Mir kann keiner erzählen, dass ein Typ, der nach dem Konsum gewalttätiger Computerspiele mit einer geladenen Waffe in die Schule marschiert und dort Menschen abknallt um sich anschließend selbst umzubringen, geistig gesund geblieben wäre, hätte er stattdessen mal lieber Thomas Mann gelesen.

Weil es mir also so unendlich billig und verlogen und zu kurz gedacht erscheint, als Reaktion auf Amokläufe Computerspiele zu verbieten, wollte ich mich selbst zurückhalten, und auch keine Verschärfung des Waffengesetzes (und ich meine eine wirkliche Verschärfung, nicht so einen Witz) oder eine Verbesserung der Zustände an unseren Schulen als Lösungsvorschlag propagieren, weil auch das mir, ehrlich gesagt, viel zu einfach vorkommt, um die Lösung für so ein diffiziles Problem zu sein.

Ich wollte schweigen, weil ich mir nicht wirklich erklären kann, was in einem Menschen vorgehen muss, der zu so einem Amoklauf in der Lage ist (abgesehen vielleicht von der fiktiven Gestalt des Heumann im letzten Post), geschweige denn, was die Gesellschaft tun könnte, um Taten dieser Art zu verhindern.

Wenn ich jetzt aber höre, dass die vermutlich einzige bleibende Konsequenz, zu der unsere Politik sich durchringt, tatsächlich im Verbot eines ulkigen Spiels besteht, dann muss ich zumindest laut aufschreien darüber, wie die Demokratie wieder einmal ihre unschlagbare Wirkungskraft unter Beweis stellt. Sportschützen oder Jäger, die ihren “Sport” tatsächlich mit scharfen Waffen betreiben, haben eine zu große Lobby, um eine wirkliche Gesetzesverschärfung fürchten zu müssen. Ihre Warnungen vor “blindem Aktionismus” wurden erhört. Auch um die Ego-Shooter mache ich mir keine Sorgen: Etwas, womit viel Geld verdient werden kann, wird in unserem Land nicht von der Bildfläche verschwinden. Bleibt also die vergleichsweise kleine Gemeinde von Leuten, die Spaß daran haben, sich im Wald mit Farbkugeln zu beballern, die keine starke Lobby haben und auch keinen großen Absatzmarkt garantieren, als letzter Sündenbock für ein Phänomen, das seinen Ursprung genauso im Paintball hat, wie AIDS im Playboy-Magazin.

So wird Politik gemacht. Über grundsätzliche Fragen, wo so viel Frust herkommt, dass er sich in solchen Gewaltexzessen entladen muss, wird nicht nachgedacht. Das System bloß nicht in Frage stellen, und wenn man angesichts zorniger Elternverbände und geifernder Medien zum Handeln gezwungen wird, dann einfach dorthin schlagen, wo die wenigsten Wähler Aua schreien.

Und dann will man mir erzählen, wie leben im besten aller gesellschaftlichen Systeme.

Wenn ich Paintballspieler wäre, ich würde meine Ausrüstung anlegen und einen Amoklauf im Bundestag starten. Anschließend würde ich mir selbst grüne Farbe ins Gesicht schießen.

Heumann feiert Geburtstag


Sims Alabim; 2009-05-03

Heumann hatte Geburtstag, und er würde die Doors auflegen.

Weitere Gedanken hatte er sich über den Verlauf des Tages nicht gemacht, wurde ihm bewusst, als nach und nach die ersten Gäste erschienen. Er hatte im Garten seiner Eltern ein Partyzelt aufstellen lassen, es war mit einer reichhaltigen Kuchenplatte bestückt, später am Abend würde es Grillware geben, Musik natürlich und Tanz und reichlich zu trinken,  aber er hatte sich nicht um eine nähere Auswahl der Musik gekümmert, es war ihm egal, früher oder später würde ein paar seiner Freunde, wie sie es immer taten, dieses Amt mehr oder weniger an sich reißen, ihren iPod mit der Anlage verbinden und das laufen lassen, was ihrer Meinung nach die beste Playlist für den Abend war. Heumann kümmerte das nicht, er war sogar zufrieden, dass ihm jemand diese Aufgabe abnahm, so lange er an einem bestimmten Punkt des Abends dazu kommen würde, die Doors aufzulegen. „The End“.

Die ersten Gäste waren die Paare mit Kindern. Für sie war es natürlich bequemer, am Nachmittag zu kommen. Heumann hatte vollstes Verständnis dafür. Die Kinder würden schreiend und tobend durch den Garten rennen, mindestens zwei davon würden in eine handfeste Auseinandersetzung geraten, die dazugehörigen Eltern würden, weil sie einander gut verstanden, nicht mehr unternehmen als einen halbherzigen Versuch, den Streit zu schlichten. Die Jüngsten würden in ihren Kinderwagen schlummern, aufwachen, ein hustendes, quäkendes Baby-Heulen von sich geben und von ihren Müttern in einer stillen Ecke des Hauses oder des Gartens, zum Beispiel hinten bei der alten Kinderschaukel, die Brust bekommen. Heumann ertappt sich dabei, wie er einer alten Schulfreundin, die soeben einen ikeagrünen Kinderwagen vor sich herschiebend das Grundstück betreten hat, eine Sekunde zu lange auf die voluminöse Brust starrt.

Heumann ist derzeit Single. Heumann lebt derzeit nicht in einer Beziehung. Heumann hat seine Wohnung derzeit für sich allein. Heumann wird derzeit per Hand betrieben. Heumann wird 30, und wenn er sieht, wie all seine Schulkameraden ihr Privatleben zur Kleinfamilie ausgebaut haben, spürt er einen Stachel. Dieser Stachel wird nicht verschwinden, wenn die Elternpaare nach dem Genuss mehrere Portionen Grillfleisch sehr schnell erklären werden, dass die Kleinen nun ins Bett müssten, und sie selbst seien es ja nun leider auch nicht mehr gewohnt, und nach 22 Uhr fallen ihnen gerne schon Mal die Augen zu. Heumann wird sich dann einreden, wie frei er doch ist, dass ihm die Augen noch nicht zufallen, dass er noch bis in die Puppen tanzen wird auf seinem Geburtstag, mit all seinen Freunden. Heumann fragt sich, ob er warten soll, bis all die Eltern mit ihren Kindern fort sind, ehe er die Doors auflegt.

This is the end…

Heumann macht sich nichts vor. Er weiß, dass auch die kinderlosen Gäste gegen Mitternacht verschwinden werden. Die meisten von ihnen haben feste Freundinnen, was er ihnen neidet, oder feste Freunde, die er beneidet, und die werden entweder mit dabei sein und langsam an der Seite ihres Lebensabschnittsgefährten müde und quengelig werden, nicht anders als die Kinder, oder sie werden zuhause warten und gesagt haben „wenn du vor ein Uhr heimkommst bin ich noch wach”, und seine Freunde werden diese Zeichen zu deuten gewusst haben, und weil das Grundstück ja doch ein wenig außerhalb liegt und der Weg nach Hause weit ist, werden die Meisten dem subtil genervten Blick ihrer Partner irgendwann nachgeben und „es dann Mal packen.” Übrig bleiben werden ein paar Hartgesottene, die Verwandtschaft, die sowieso hier übernachtet, und Andrea von der Arbeit, mit der Heumann nichts anfangen kann.

Es ist ein herrlicher Tag, die Sonne scheint, alle Gäste, die sich gerade erst kennengelernt oder einander schon lange nicht mehr gesehen haben, können Gesprächslücken mit der Feststellung füllen, dass man schon großes Glück habe mit dem Wetter. Die Eltern müssen ihre Kinder ermahnen, die Kuchenstücke nicht einfach in sich hinein zu schaufeln, sondern Obacht zu geben wegen der Wespen. Sie beschreiben ihren Sprösslingen den qualvollen Tod, den man erleidet, wenn einem eine Wespe von innen in den Hals gestochen hat. Der ikeagrüne Kinderwagen steht leer, und Heumann muss seinen Drang überwinden, Ausschau nach der Besitzerin zu halten. Im Geiste sieht er sie hinten im Garten auf der Kinderschaukel sitzen, den tiefen Ausschnitt des Sommerkleides so weit nach unten gezogen, dass sie ihre mächtige, runde Brust herauspressen kann, um den kleinen Vampir daran nuckeln zu lassen.

Das Zelt füllt sich mit Gästen. Es ist etwas zu heiß darin und die weißen Seitenwände des Zeltes riechen nach Plastikplane. Später am Abend wird es kühler werden und dann wird man froh sein über das Zelt. Heumann stellt einander die Gäste vor. Alte Schulkameraden, entfernte Verwandte, Urlaubsbekanntschaften, Arbeitskollegen, Freunde von Früher, ein paar Verflossene, und ein paar, die es nicht einmal zu Verflossenen gebracht haben (was nicht daran liegt, dass Heumann es nicht versucht hätte, oh nein), alle sind sie gekommen. Sogar sein alter Mathematiklehrer ist da. Und fast seine ganze Abiturklasse. Das Abitur jährt sich zum zehnten Mal in diesem Sommer, und da spart man sich die mühevolle Organisation eines Klassentreffens, wenn einfach alle zu Heumanns Geburtstag kommen.  Die meisten von ihnen werden dieses Jahr ebenfalls 30 oder sind es schon geworden. Von nicht einmal einem Viertel hat Heumann eine Einladung bekommen. Ihn wundert das nicht. Die anderen haben vermutlich auch nicht so groß gefeiert, denkt er sich.

Ein Windhauch fegt durch das Zelt und lässt einen Spätsommergeruch hindurchwehen, der eigentlich nicht hierher gehört. Erst sehr viel später an diesem ereignisreichen Abend wird Heumann auffallen, dass es nach gemähtem Gras gerochen hat, das zum Trocknen auf den Feldern liegt, nach dem Staub abgeernteter Getreidefelder und dem gesunden Schweiß eines harten Arbeitstages der in den roten Strahlen eines brennenden Sonnenuntergangs trocknet. Dabei ist es gerade erst Juni. Heumann blickt unwillkürlich auf und sieht einen Cowboy im Eingang des Zeltes stehen. Der hereinwehende Staub reduziert seine Gestalt auf eine graue Silhouette im Gegenlicht. Heumann sieht den breitkrempigen Hut, den Umriss des langen Staubmantels, möglicherweise sogar die schweren Revolver an den Hüften des Mannes und wundert sich nicht einmal.  Eine Schulfreundin mit Glutamatunverträglichkeit und Lactoseallergie hat ihren eigenen Kuchen mitgebracht, und fragt Heumann, ob er ein Stück probieren möchte. Bis Heumann Nein gesagt hat, ist der Revolvermann aus seinem Bewusstsein verschwunden. Weiterlesen…

Bestandsaufnahmen eines Galaabends


Sims Alabim; 2009-04-26

…damit Kollege Cabuflé auch weiß, dass ich einen guten Grund hatte, am Freitag kein Komparse mehr zu sein.

Freitag, 13 Uhr: Die mobilen Würstchenverkäufer am Alex verkünden wie moderne Muezzins die Mittagszeit. Ich habe mir endlich ein Ticket für den Fernsehturm geleistet, als ich erfahre, dass für mich eine Karte für die Lola-Verleihung herausspringen könnte. Weil ich mein Turmticket schon bezahlt habe, treffe ich das Kartenarrangement in der Warteschlange vor dem Aufzug und komme mir wie der letzte Schnösel dabei vor.

Gute fünf Stunden später: Platz nehmen in Block C und der Dinge harren, die da kommen.

Zunächst der interne Teil für das anwesende Publikum. Die Akademie verteidigt ihr Auswahlverfahren. Barbara Schöneberger erklärt den potentiellen Preisträgern, wie sie sich auf der Bühne verhalten sollen, und versprüht dabei Esprit und gute Laune.

Dann beginnt die Fernsehaufzeichnung und Barbara Schöneberger ersetzt Esprit und Frische gegen Texte vom Teleprompter.

Der Abend beginnt mit dem Höhepunkt: Loriot wird für sein Lebenswerk geehrt. Eines muss man Michael “Bully” Herbig lassen: Seine Laudatio ist so lahm und unlustig, dass einem erst richtig schmerzlich bewußt wird, wie sehr unserem Land heute solch eine Ikone des Humors fehlt. Der Meister betritt, am Stock gehend, die Bühne. Minutenlange Standing Ovations für einen Mann, dessen Lebenswerk ich fast auswendig aufsagen kann, und ich mittendrin. Es gibt einen Gott!

Danach: Applaus für die Moderation. Applaus für die Trailer. Applaus für die Filmausschnitte. Applaus für die Laudatoren. Applaus für die Laudatio. Applaus für die Nominierten. Applaus für den Gewinner. Applaus für die Dankesrede des Gewinners. Applaus für den Übergang zum nächsten Programmpunkt. Mit tun die Hände weh. Das ist, was wir sind: Klatschvieh, damit die Zuschauer an den Endgeräten das Gefühl bekommen, einer unterhaltsamen Veranstaltung beizuwohnen.

Es geht auch anders: Wo immer meine persönlichen Hassfilme, Krabbat und Der Baader-Meinhoff-Komplex nominiert sind, verschränke ich demonstrativ die Arme vor der Brust. Es ist ein kleiner Triumph, aber der einzige, den ich heute Abend selbst erringen kann. Die beiden Filme gewinnen keine Preise. Ich bin zufrieden.

Der Triumph eines anderen macht den Abend komplett: Andreas Dresen bekommt den Regiepreis für Wolke 9. Es gibt nicht nur einen Gott, es gibt auch Gerechtigkeit.

Diese fordert auch ein Contergan-Geschädigter Dokumentarfilmregisseur in Form von Reparationszahlungen von denen, die sich eine goldene Nase damit verdient haben, Menschen zu Krüppeln zu machen. Ein kurzer, beinahe schmerzhafter Moment simpler, glasklarer Emotion.

Große Enttäuschung auf der Party: Schönebergers Witze über das in diesem Jahr ausgesparte Buffet waren keine. Für jemanden, der unter anderem hier ist, um sich auf Steuerzahlerkosten durchzufressen, ein herber Schlag. Tabletts mit Spatzenportionen, später mit heißumkämpfter Currywurst gehen herum. Mühsam ernähren sich die Eichhörnchen.

Dafür ordentlich Gratispröbchen abstauben: Edelschokolade und Zigarren. Warum hat mein Anzug so wenig Taschen?

Der DJ arbeitet sich an Partyhitlisten ab. Mehrere Generationen wollen an ihre Abifete erinnert werden. Keine leichte Aufgabe.

Ob man uns ansehen kann, dass wir immer noch nicht erwachsen genug sind, um das Promispotting sein zu lassen? Ob all die anderen Nichtpromis es sind? Ob die jungen Damen in Begleitung der graumellierten Herren nicht doch die Töchter sind?

Der Unterschied, ob man Erdbeeren oder Himbeeren im Cocktail hat, ist der: Himbeeren zermatschen schneller und verstopfen immer wieder den Strohhalm.

Draußen auf der Terrasse tanzen ab 2 Uhr Nachts zu einem alternativen DJ nur noch die Angestellten.

Die Reihen lichten sich. Selbst Detlev Buck sieht verloren aus. Nachdem stundenlang hochgepuschte Brüste auf hohen Absätzen an einem vorbeiziehen, zieht die Alkoholschwere den Blick immer penetranter hinunter in die Ausschnitte weiblicher Gesprächspartner. Es wird Zeit, zu gehen.

Nachts um halb Fünf in der Ringbahn sitzen, mit einer Gala-Tüte voller Werbegeschenke in der Hand.

Falls es nicht so geklungen hat: Ich hatte einen tollen Abend. Denn ich weiß: Dies wird nie mein einziges Zuhause sein!

Atheismus ist Religion


Sims Alabim; 2009-04-10

Und soll mein Denken zu etwas taugen, und sich nicht nur im Kreise drehn, will ich versuchen, mit Euren Augen die Wirklichkeit klarer zu sehn.

Hannes Wader

Nachdem ich mich nun in letzter Zeit dazu berufen gefühlt hatte, mich auf dieser Seite in die Waldorf-Debatte einzumischen und gegen eine gewisse Art des Skeptizismus zu Felde zu ziehen, während andere Kollegen auf dieser Seite Gegenpositionen formuliert haben und noch zu formulieren gedenken, habe ich mir jetzt ein Grundsatzpamphlet dazu aus den Rippen geleiert. Ich veröffentliche es nun ohne auf Cabuflés Finale zu warten, weil ich den Kopf endlich wieder für andere Dinge frei haben muss. Da diese Diskussion nun ohne Polemik keinen Spaß macht, sei an dieser Stelle noch einmal deutlich darauf hingewiesen, dass sämtliche spitzen Attacken nicht als persönliche Angriffe gegen meinen geschätzten Freund und Kollegen Cabuflé zu verstehen sind, den ich im Gegenteil in diesem Disput als fairen Sparringspartner betrachte, und daher auch nicht zu vergrämen hoffe, wenn ich ihm unterstelle (noch dazu, wo er erst in ein paar Wochen die Zeit hat, sich zu wehren), dass er drauf und dran ist, sich einer religiösen Gemeinschaft anzuschließen. Ebenso hoffe ich, Malibu Aircraft hat nichts dagegen, dass ich ein paar von ihm gepostete Links als Beiträge zu dieser Diskussion werte, auch wenn sie nicht explizit als solche gekennzeichnet worden sind. Des weiteren hoffe ich mit diesem Pamphlet meinen Standpunkt weitestgehend klar genug gemacht zu haben, um fürderhin nicht noch weiter darauf herumreiten zu müssen, weil ich mir sonst wie ein Missionar vorkomme, der ich keinesfalls sein möchte. Als letztes entschuldige ich mich noch dafür, dass meine Beiträge immer so lang werden. Aber Bits und Bytes sind nun einmal geduldig.

Ich möchte auch mit einem ganz und gar nicht ironisch gemeinten Geständnis beginnen: Ich glaube, dass ich den Wissenschaftlern von GWUP tatsächlich unrecht getan habe, und dass meine Beurteilung ihres Tuns ihrer Methode und ihrer Haltung gegenüber wahrscheinlich unfair war, dass mich ihre Argumente (im Bezug auf Wünschelruten!) rational eigentlich weitgehend überzeugen, dass ich mir das selbst aber ungern eingestehe, weil ich in mir einen Willen dazu spüre, in der Welt eine gewissen Portion Wunder, Mythos und verborgenen Sinn zu entdecken, und dass mir eine Entzauberung meines Weltbildes von all diesen Dingen ein gutes Stück weit jenen Boden unter den Füßen wegziehen würde, auf dem sich viele meiner Überzeugungen gründen. Viele dieser Überzeugungen ließen sich in ein rein agnostisches Weltbild hinüberretten, andere nicht.

Was mich  also angestachelt hat, diese Debatte überhaupt zu führen, war die von mir subjektiv empfundene  Ätschi-Bätsch-Attitüde eines populärwissenschaftlichen Fernsehbeitrages, der sich erdreistet, in der Hauptsache das partielle Versagen zweier Probanden als allgemeingültige Argumentationskeule für ein finales Statement zu einem Phänomen zu verwenden, das soziologisch weitaus komplexer ist als die Frage „Wo steckt der Wassereimer”?

Und das wiederum steht auch nur stellvertretend für eine ganz andere Frage: Ist die Wissenschaft gerade dabei, Gott zu ermorden? Weiterlesen…

Highlights aus dem Callcenter


Sims Alabim; 2009-04-03

Mir ist das Prinzip schon klar: Einen unschuldigen Menschen telefonisch überfallen, möglichst auf dem Handy, weil da die Wahrscheinlichkeit noch größer ist, dass er gerade mit irgendwas beschäftigt ist und deswegen nur halb so konzentriert, wie vielleicht an seinem Schreibtisch, und ihm dann möglichst schnell und ohne ihm viel Raum zum Nachdenken lassen eine neue Flatrate für “Telefonie”, Internet und Waschmaschine anbieten, die er natürlich nur bekommt, wenn er jetzt gleich Ja sagt, denn dieses Angebot gilt natürlich nur für treue Kunden, denen man als Dank noch mehr beim Sparen helfen möchte und ist natürlich nicht im Internet noch einmal in Ruhe einseh- und studierbar.

Mir ist auch der Druck klar, unter dem jemand stehen muss, der bei so einem Job auf Erfolgsbasis bezahlt wird, und die Frustration, die derjenige dann bei jedem ablehnenden, zögernden oder tausend Mal nachfragenden Kunden empfinden muss. Ich habe auch Verständnis dafür, wenn man dann einfach nur schnell auflegen und beim nächsten Deppen sein Glück versuchen will. Ehrlich gesagt: Das wäre mir als Nein-Sager als Reaktion des Callcentermenschen auch am liebsten.

Stattdessen muss ich mir sowas bieten lassen:

“Sie möchten jetzt also nicht darüber nachdenken, Herr Kunz? Natürlich, sie zahlen also lieber weiterhin einen Festnetzanschluss und Internet und haben dazu noch nicht einmal die Möglichkeit das Internet von unterwegs zu nutzen, das wir ihnen anbieten wollten, na klar, das verstehe ich, es ist ja auch zu mühsam, sich Gedanken darüber zu machen, ob man sein Leben vielleicht noch verbessern kann. Lassen sie nur alles, wie es ist, Herr Kunz. Ich wünsche ihnen einen schönen Tag noch.”

Auch gut war:

“HerrKunz, Siesindjajetztschonseitzweijahrentreuerkundebeiuns, dafürmöchtenwirunsbeiihnenbedanken undbietenihnenhiermiteine Flatrate mitdersieamwochenendefürnürsiebeneurozusätzlich das ganze Wochenende umsonst telefonieren können anstattwiesonstfürzehneuro.  Anihremvertragändertsichselbstverständlichnichtsherrkunz. Istdasnichteinetollenachrichtherrkunz”

“Ähm…das würde sich doch nur lohnen, wenn ich sonst nur am Wochende mehr als sieben Euro vertelefoniere?”

“Wir wollten ihnen eine Möglichkeit zum sparen geben, aber möchten se nicht? Dann wünsche ich einen schönen Tag noch.” – Klick.

Was bringt man diesen Leuten eigentlich bei? Dass sie ihren Job so persönlich nehmen sollen, dass sie dann auch persönlich gekränkt sind, wenn ich ihnen ihre Scheiß-Flatrate nicht ohne darüber nachzudenken abnehmen will? Dass beleidigtes Auflegen und sarkastische Bemerkungen mir ein schlechtes Gewissen machen und ich dann reuig angekrochen komme? Dass es in einem Kundengespräch, in dem man mir eine zweite Chipkarte für meine Partnerin anbieten will, und ich erkläre, dass ich keine Partnerin habe, eine verkaufsfördernde und psychologisch kluge Strategie ist, mich daran zu erinnern, dass ich doch sicherlich nicht planen würde, noch lange Single zu sein?

Warum muss ich mich von Narren, die mich unaufgefordert anrufen, wie einer behandeln lassen, der im Schuhgeschäft zwei Stunden lang Schuhe anprobiert um dann doch keine zu kaufen? Ist das die neue Überrumpellungsstrategie? Kauf, sonst werden wir schnippisch?

Den nächsten, der mir so kommt, lasse ich erst wieder auflegen, wenn er meinen Newsletter abonniert hat.

Schön wär´s…


Sims Alabim; 2009-04-02

Leider bin ich darauf einen Tag zu spät gestoßen. Aber weil es doch sehr schön gemacht ist, und eine ernsthafte Idee dahinter steckt, will ich es unseren werten Lesern nicht vorenthalten.

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Wir sind die Sintflut!


Sims Alabim; 2009-03-27

Georg Schramm hat das Wort!