wir ham geld, juhuuuu……


Malibu Aircraft; 2008-10-15

Erst wenn im ntv-Werbe-Nachrichten-Schnippsel-Segment des Berliner Fensters die Meldung über 1 Milliarde hungerleidende Menschen direkt nach einer Nachricht bez. des 500 Milliarden Rettungspackets kommt, mache ich mir Gedanken. 2007 hat Deutschland nur fast 9 Milliarden Euro ODA-Leistungen aufgebracht (BMZ: Deutsche Netto-ODA), was aber keinesfalls reine Entwicklungshilfe ist, sondern auch Schuldenerlasse, Studienplatzausgaben für Studenten aus Entwicklungsländern und Ausgaben für Asylbewerber mit einschließt. 2006 blieb nach diesen Abzügen noch ca. 65 % echte Entwicklungshilfe (15. Bericht zur Wirklichkeit der Entwicklungshilfe, S.26) übrig. Mit dieser Zahl liegt die BRD zwar an zweiter Stelle der Geberländer, gemessen am prozentualen Anteil des Bruttonationalprodukts mit 0,36 % aber nur an 11. Stelle. Ob die Quote bis 2010 auf die international versprochenen, lächerlichen 0,51 % angehoben wird, ist extrem fraglich. Demgegenüber steht, dass Deutschland, laut dem Schattenbericht zu den Millenniumsentwicklungszielen (S. 8) von VENRO (Verband Entwicklungspolitik deutscher Nichtregierungsorganisationen) zum 31.Dezember 2007, Forderungen gegenüber Entwicklungs- und Transformationsländern in Höhe von 23,72 Milliarden Euro erhob.

Tja, wir würden ja gerne mehr geben, aber wir ham doch selbst nichts und überhaupt. Bis auf die… 500… Milliärdchen… Euros….. öhm…

Natürlich ist mir auch klar, dass wir nicht wirklich 500 Milliarden Euro im Hemdärmel haben. Aber wir können oder könnten es „aufbringen“, was immer das heißt. Wobei…. eigentlich ist klar was das heißt. Mehr Schulden… Aber bei wem eigentlich? Wer hat denn noch Geld???? Naja, wie jeder weiß, heißt selber fett Schulden haben im Zeitalter des fiktiven Geldes nicht, dass man nicht auch Gläubiger im großen Stil spielen kann, wie man schön an China sieht.

Auf jeden Fall ist jeder, der im Moment Anleihen aufnehmen muss, zinsmäßig mal ordentlich gefickt. Wenn jetzt viele Staaten ihre Versprechen einlösen müssen, treibt dass das allgemeine Zinsniveau noch weiter nach oben, wodurch die Wirtschaft in noch größere Probleme kommt.

Aber offensichtlich können wir das Risiko ja eingehen. Die Frage ist nur, warum wir das nicht längst gemacht haben, um z.B. hmm… sagen wir… eine gerechtere Welt zu schaffen. Oder muss man sich wirklich wundern, wenn, angesichts so einer Heuchelei, der Terror blüht, in wirtschaftlichen Zusammenbruchsregionen, wo nur noch Drogen und Waffen handelsmäßig lohnend sind? Oder wenn durch Armut, Verzweiflung, null Verhütungsmöglichkeiten und nur eine Art von Altervorsorge, die Weltbevölkerung in Bereiche steigt, bei denen es unmöglich wird, ansatzweise positive weltpolitische Vorhersagen zu machen?

Man fühlt sich ja schäbig solche Schockfakten zu bringen, aber in Sierra Leone z.B. stirbt mehr als jedes vierte Kind bevor es fünf Jahre alt wird. Müsste nicht jeder moralisch intakte Mensch sagen, bevor wir irgendetwas machen, kümmern wir uns erst mal darum. (Ich behaute nicht, dass ich moralisch intakt bin. Aber es wäre eine schöne Vision.) Irgendwie erwarten wir, dass der Weltmarkt fair und angemessen mit uns umgeht. Niemand ist schuld, außer den gemeinen gierigen Managern und Banken und den USA und überhaupt…

Natürlich sind die schuld. Und jetzt? Wir hängen das genauso mit drin. Jeder von uns. Vielleicht erleben wir gerade nur eines der harmloseren Schreckengespenster eines globalisierten kapitalistischen Systems, das sich mit militärischen Vorherrschaften und fiktivem Kapital, das zum großen Teil keine reale Wertgrundlage mehr hat, über Wasser hält.

Ich kenn die Lösung ja auch nicht. Aber vielleicht könnten wir damit anfangen, Potentiale freizusetzen, die nicht hier, auf unserer Seite des Wohlstands liegen. Fakt ist, dass neue reale Wertgrundlagen entstehen müssen. Dinge wie neue, unerforschte Energiequellen. Und ja, wenn es gut erforscht ist, warum nicht auch Genfood, dass in wüstenähnlichen Gebieten wachsen kann? Ach ja, was auch nicht schlecht wäre: Eine Weltgemeinschaft, die gemeinsam, dadurch, dass sie ernsthaft und nicht nur als hohes Phrasenkostüm, Chancengleichheit anstrebt, zusammen an diesem gigantischen, irgendwie in letzter Zeit ziemlich schief laufendem, Experiment Menschheit arbeiten.

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