Meine sehr verehrten Damen und Herren: Ich bin betrunken. In diesem Sinne möchte ich Ihnen gerne mitteilen:
Wer für die Mehrheit seiner Mitmenschen etwas anderes als Verachtung übrig hat, kann niemals wahrer Künstler sein.
Das mag jetzt zunächst klingen wie das, was ein besoffener Regisseur auf einer Berliner Szeneparty sagt, um Frauen zu beeindrucken, aber ich kann das begründen. Ich muss an den JuSo denken, der damals, als wir mit Brigitte Wimmer in Berlin waren – auf Staatskosten, versteht sich: “Politik- und Infofahrt” – fragte: “Georg, wie stehst du eigentlich zu der gelben Abkürzung?”
Er wollte wissen, ob ich es moralisch in Ordnung fände, vom Club ins Hotel ein Taxi zu nehmen. Natürlich ist das eine politische Frage, wie so manches, aber eben gerade nicht so, wie der Typ, der seine Jugend an Gerhard Schröder verschwendet hat, mit seinem Gratisgewissen meinte.
Die Sache gestaltet sich folgendermaßen: Kunst – gute Kunst, und die Diskussion darüber, was das eigentlich bedeute und wer das definiert, führen wir ein anderes mal – entsteht aus Leidenschaft. Sich mit eben jener Leidenschaft der Herstellung eines Dinges zu widmen, das in letzter Konsequenz neben hoffentlich vorhandenen ästhetisch-formellen Qualitäten nichts weiter bedeutet als ein Abbild der eigenen Persönlichkeit, der eigenen Haltung zu einem Sachverhalt, kann nur leisten, wer in grenzenloser Selbstüberschätzung ganz selbstverständlich davon ausgeht, dass, was auch immer er zu sagen haben, was er aus der Sache machen mag, wichtiger und bemerkenswerter ist, als was andere daraus machen würden. Sonst wird es beliebig und damit überflüssig.
Dass ein Jeder, der ein wertvolles Kunstwerk erschafft, sich damit zugleich notwendig als Humanist outet, ist einer jener Widersprüche der Post-Postmoderne, die ich hier wertfrei zur Kenntnis nehmen will.
Und so lassen Sie mich schließen mit jenen Worten, die ich vorhin in einem entkernten Friseursalon im Reuterkiez über laute Elektromusik brüllte, um eine Frau zu beeindrucken:
Das Ziel aller Kunst muss dafür sein. Das Ergebnis dagegen!
Buddhisten und Sozialpädagogen haben es schon immer geahnt: In Wirklichkeit suchen diese bösen Männer, die uns alle in die Luft sprengen wollen, nur ein bisschen Liebe und Zuneigung…
Das neue Buch von einem der bekanntesten autistischen Savants Daniel Tammet “Embracing the Wide Sky” oder auf deutsch “Wolkenspringer” ist eine exzellente Lektüre, die ich mal eben bedingungslos empfehlen möchte. Tammet hält (laut Wikipedia) den europäischen Rekord im Aufsagen von Nachkommastellen von Pi und lernte für eine Dokumentation innerhalb einer Woche Isländisch. Deine Röhre (so sorry) enthält zahlreiche Videos über ihn.
Er beleuchtet hier auf kritische Art einen weit gefächerten Themenkreis vom Wesen von Intelligenz und Logik über den Ursprung der Sprache zur Kreativität und futuristischer Gehirnforschung. Er verbindet dabei seine eigenen Erfahrung mit einem ganzen Haufen von, vor allem neuropsychologischen, Studien. Gleichzeitig ist das Buch aber außerordentlich angenehm zu lesen und mehr eine poetische Reise in den menschlichen Geist als irgendwas sonst. Tammet behandelt natürlich keins der Themen auch nur ansatzweise erschöpfend, sondern zeigt neue Anstöße und Sichtweisen auf.
Sollte vielleicht noch anmerken, dass ich Tammets anderes Buch noch nicht gelesen habe, kann deswegen also nicht sagen, wie es im Vergleich dazu ist.
…deshalb sollte man es nicht zu oft tun, sonst wirkt es suspekt.
Jedoch: Wie hier meisterlich die komplette absurde Misere eines ganzen Mediums und der angeschlossenen Branche in einem einzigen Screenshot kondensiert wurde, das konnte ich meinen zahlreichen Lesern nicht vorenthalten:
Ich hatte mir ernsthaft vorgenommen, meine Beiträge für moviepilot hier in Zukunft noch selektiver zu verlinken als bisher, so maximal einen Link auf einen “normalen” Post, und dabei soll es auch bleiben, aber ich konnte ja nicht ahnen, dass ich den Auftrag bekäme, Wes Craven zum Geburtstag zu gratulieren, und das müsst ihr einfach alle lesen:
Nachdem Sie also im Vorbeigehen mal eben ein Subgenre begründet hatten, drehten Sie mit Hügel der blutigen Augen (1977) einen weiteren Klassiker, der zusammen mit Das Kettensägenmassaker (Tobe Hooper, 1974) die bis heute gültige Schablone des “Backwoods Horror†entwickelte: Ein paar arme Schweine kommen in der Wildnis vom Weg ab und werden von mutierten Inzestmonstern hingeschlachtet. Wenn das nächste Mal jemand angesichts des heutigen sogenannten “Torture Porn†den Untergang des Abendlandes nahen sieht, sollten wir uns bei einer Tasse Fencheltee erinnern, wie Sie und Ihre Kollegen damals die Traumata des Vietnamkrieges aus dem kollektiven Unterbewustsein der US-Gesellschaft zu Tage zerrten, dann einen Blick auf die jetzige politische Realität werfen und das Thema zu den Akten legen.
Wer weiterhin ernsthaft behaupten will, Sie, Wes Craven, hätten Gewalt nie stilisiert, muss spätestens 1984 aufgehört haben, Ihre Filme zu gucken. Gab es in Ihrem Frühwerk noch eine gewisse zynische Bodenständigkeit in der Brutalität, war Nightmare – Mörderische Träume, den ich im wahrsten Wortsinn Ihr Meisterwerk nennen möchte, ein surrealer Bilderrausch, wie ihn der Teenie-Slasher zuvor nicht gesehen hatte.
Kurzfristig bekam ich heute mittag Gelegenheit meiner Erleichterung ob des Endes vom Romy-Schneider-Biopic Ausdruck zu verleihen:
(…) denn die Titelrolle in Romy sollte keine Geringere spielen als Yvonne Catterfeld. Ich war selbstverständlich nicht dabei als diese Entscheidung fiel, stelle mir das Gespräch aber ungefähr so vor: Sagt der Produzent zum Regisseur: “Hier ja, die Catterfeld, guck ma’ die hat auch diese süße Stupsnase und so Wangenknochen wie die Schneider.†Der Regisseur – gerade verzweifelt die letzten Koksreste von seiner Kreditkarte leckend – schaut kurz auf und brummelt “Phh, Hmm, wer? Catterfeld? Kann die den schauspielen? Na egal, passt schon. Ich bin dabei. Hauptsache ich krieg mein Geld pünktlich.†Alle jubeln. Eine Runde Champagner aufs Haus – hier wurde soeben der Besetzungscoup des Jahrtausends gelandet!
Da wollt ich ja noch bescheid sagen: Bei Moviepilot habe ich einen kurzen Artikel über den Verbleib von David Faustino (Bud Bundy) geschrieben:
Für pubertierende Jungs in den Neunzigern gehörte Budrick “Bud†Bundy vielleicht zu den wichtigsten Bezugspunkten beim Erwachsenwerden. Während Hunderte von lauwarmen High-School-Komödien und die handelsübliche Sitcom einem beständig vorlogen, man könne alles schaffen, wenn man nur genug wolle, war es gut zu wissen, dass eine Show immer ehrlich blieb: Welches Pubertätsproblem einen gerade auch quälen mochte, ob Mädchen, Pickel, Jobs, Mädchen, Gruppenzwang, Unterleibshygiene, Schule oder Mädchen – mit Sicherheit war Bud Bundy bereits daran gescheitert, und das ließ einen hoffen. Nicht, dass es eines Tages besser würde, aber dass es irgendwie schon okay so war.
Jetzt ist Eine schrecklich nette Familie seit etwas mehr als zehn Jahren aus dem Programm und die Darsteller sind weiter gezogen….
DISCLAIMER: Ich fühle mich genötigt nochmal zu betonen, dass ich ein Freund des Rechtes am geistigen Eigentum bin. Und sogar die Idee, dass eine zentrale Stelle das Kassieren und Verteilen von Tantiemen übernimmt, ist ja auf den ersten Blick nicht die Schlechteste.
Allerdings darf als bekannt vorrausgesetzt werden, dass Organisationen ab einer gewissen Größe – zumal wenn ihnen von staatlicher Seite eine Alleinstellung quasi garantiert ist – dazu neigen im Besten Falle bürokratische Ungetüme zu werden, im schlimmsten Fall dekadent und korrupt. Die Gema in ihrer jetzigen Form tut für das Gros der Musiker ungefähr so viel wie Gewerkschaften für Arbeitnehmer.
Wenn ein Künstler auf einem von ihm selbst veranstalteten Konzert seine eigene Musik spielt, so muss er die Gebühren für seine eigene Musik an die GEMA abführen und bekommt – im besten Fall – seine Gebühren, abzüglich der Verwaltungskosten der GEMA, zurück. Dieser “beste Fall” tritt jedoch eher selten auf. (…) Selbst wenn die Konzerte gut besucht sind, fließt oft weniger Geld an den Künstler zurück, als ihm eigentlich zustehen würde. (…) ein Hauptteil der GEMA-Einnahmen landet im “großen Topf” und aus ihm werden vor allem die Künstler bezahlt, die im Radio rauf und runter gespielt werden und die in den Verkaufshitparaden auf den obersten Plätzen stehen. Die Abgaben, die Konzertveranstalter für eine junge Nachwuchsband abführen müssen, landen so über die Umverteilungsmaschinerie der GEMA in den Taschen der Bohlens und Grönemeyers. (…)
Wenn der Veranstalter es nicht schafft, genügend Zuschauer für zu sein Konzert zu begeistern, so ist er doppelt gestraft. Ihm entgehen nicht nur Eintrittsgelder und Einnahmen aus dem Getränkeumsatz, er muss auch genauso viel GEMA-Gebühren abführen, wie bei einer ausverkauften Veranstaltung. Immer mehr Kneipiers oder Kleinveranstalter scheuen dieses Risiko und bieten entweder gar keine Live-Musik mehr an, wenn sie sich nicht sicher sein können, dass das Konzert sehr gut besucht ist, oder legen die GEMA-Gebühren auf die Künstler um.
Für Nachwuchskünstler ist es allerdings auch nicht eben attraktiv, wenn sie bei ihren Konzerten nicht nur kein Geld bekommen, sondern sogar Geld mitbringen müssen. Die Geschäftspraktiken der GEMA fördern so direkt und indirekt die Monokultur des Mainstreams.
Eine online-Petition zu eben dieser Problematik hat vor ein paar Tagen die 50.000er Grenze überschritten, wonach der Bundestag verpflichtet ist, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Wie ernst man dort derartige Eingaben nimmt, war ja erst kürzlich beim Thema Internetsperren zu beobachten. Da zu hoffen bleibt, dass dem Thema in diesem Rahmen eine gewisse öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wird, mag sich das Zeichnen der Petition dennoch lohnen.
Darauf hat die Welt gewartet: Die erste Dokusoap auf instant-eistee.de! Cabuflé – lebenslanger Vegetarier aus Überzeugung Versehen – versucht sich systematisch an verschiedensten Fleischgerichten.
Die Reihe wird über ein Jahr hinweg in unregelmäßigen Abständen fortgesetzt. Zum großen Finale gedenke ich, die Grillsaison 2010 in einer handelsüblichen Berliner Grünanlage mit der Bacon Explosion [via] zu eröffnen.
Anregungen und insbesondere Einladungen für weitere Episoden werden in den Kommentaren und unter Cabufle[ät]instant-eistee.de entgegengenommen.