Cabuflé; 2009-09-19
In einem neulich von Malibu Aircraft verlinkten CBS-Beitrag über den aktuellen Stand der Neurobiologie tauchte auch der Begriff “Neuromarketing” auf. Mit diesem Thema beschäftigte sich unlängst eine Folge der Sendung SWR2-Aula:
Kauf mit dem limbischen System
Was ist Neuromarketing? Von Christian E. Elger. SWR2 Aula vom 30.08.2009.
Meine halbgebildete Meinung dazu:
Der Beitrag ist – gerade als Ergänzung zu M.A.s Post und unserer Diskussion darüber – auf jeden Fall interessant, deshalb der Link. Abgesehen davon ist mir Proffessor Elger (oder zumindest sein Vortrag) zunächst mal zutiefst unsympathisch, weil das, worüber er hier spricht, eines von vielen Beispielen ist, wie Forschungsarbeit auf eine Weise genutzt wird, die der Gesellschaft nicht nützt oder womöglich gar schadet.
Desweiteren zeigt dieser Vortrag meiner bescheidenen Meinung nach letztlich weniger das Potenzial der Neurobiologie auf als ihre immer noch sehr engen Grenzen: Dass monotone wiederkehrende Reize auf lange Sicht weniger intensiv wahrgenommen werden als einzelne unerwartete, dass mit einer emotionalen Komponente verknüpfte Informationen besonders leicht aufgenommen werden, dass beim kaufgeilen Mob – ergo bei uns allen – der Verstand aussetzt, sobald das Wort “Rabatt” fällt, sind sämtlich Phänomene, die Psychologen, Verhaltensforscher, Soziologen so oder ähnlich schon seit Jahren kennen. Dass auch ein Hirnscan das alles nochmals empirisch bestätigen kann, ist sicher interessant, aber doch vor allem als ein Forschungserfolg für die Neurobiologen. Für den Rest der Welt erstmal kein Grund, vom Hocker zu fallen.
Auch Elgers Bewertung des einzigen Beispiels, in dem die neurobiologischen Ergebnisse signifikant von der klassischen Wahrnehmung abweichen (die Kampagne “einer Kosmetikfirma”, ganz offensichtlich Doves “Initiative für wahre Schönheit“), überzeugt mich aus zwei Gründen nicht:
Einmal liefern die Hirnscans notwendigerweise nur Informationen über die unmittelbare kurzfristige Reaktion beim Betrachten des Werbematerials, während so bedeutende Fragen wie die soziale Reichweite der Kampagne und die langfristige Imagebildung des Unternehmens außen vor bleiben. Ich kann mich beispielsweise erinnern, dass dies einer der ganz wenigen Fälle war, in denen ich ein offensichtlich als Werbespot konzipiertes Video von Freunden viral weitergeleitet bekam. Darüber hinaus erklärt Elger die – ohne Frage interessanten – empirischen Ergebnisse leichtfertig mit trivialen evolutionspsychologischen Formeln, die sicher nicht unplausibel sind, aber eben doch spekulativ bleiben und beispielsweise die soziale und biographische Prägung – die nachweislich bedeutend für die Bildung neuroligischer Verknüpfungen sind – völlig ignorieren.
Das wirklich beängstigende an der ganzen Sache für mich selbst: ich kriege gerade mal wieder das Gefühl, dass ich ein unglaublich guter P.R.ler wäre. Ich sollte mir ernsthaft Gedanken über den Marktwert meiner Seele machen…
Cabuflé; 2009-09-05
Ich habe gerade versucht, meinem guten Freund Briand Éclaire (in seiner Zweitidentität Cecil B., Frontman der großartigen Indiepopper The Patricks), der mit der digitalen Bohème nicht so richtig viel am Hut hat, zu erklären, wer Sascha Lobo ist. Letztlich habe ich exemplarischerweise einfach seinen Auftritt auf 3sat laufen lassen, in welchem der verhinderte Kampfhahn unter anderem die himmelhoch inkompetente Feuilletonlüge wiederkäut, die Piratenpartei sei “aus der Pirate Bay hervorgegangen”.
Mit der ihm eigenen Präzision kommentierte Herr Éclaire:
Sind wir hier bei der Augsburger Puppenkiste, oder was?
Die übrigen, nicht minder zutreffenden Äußerungen des Kollegen zitiere ich hier vorsichtshalber nicht, da ich nicht ausschließen kann, dass auch ein Lobo über schlagkräftige Anwälte verfügt, die im Zweifelsfalle zur Verteidigung einer wo auch immer verorteten “Würde” Gewehr bei Fuß stünden.
Danke, Briand!
Cabuflé; 2009-08-10
…deshalb sollte man es nicht zu oft tun, sonst wirkt es suspekt.
Jedoch: Wie hier meisterlich die komplette absurde Misere eines ganzen Mediums und der angeschlossenen Branche in einem einzigen Screenshot kondensiert wurde, das konnte ich meinen zahlreichen Lesern nicht vorenthalten:
Ach ja: Der Artikel zum Bild ist auch ganz ok.
Cabuflé; 2009-07-31
Ich hatte mir ernsthaft vorgenommen, meine Beiträge für moviepilot hier in Zukunft noch selektiver zu verlinken als bisher, so maximal einen Link auf einen “normalen” Post, und dabei soll es auch bleiben, aber ich konnte ja nicht ahnen, dass ich den Auftrag bekäme, Wes Craven zum Geburtstag zu gratulieren, und das müsst ihr einfach alle lesen:
Nachdem Sie also im Vorbeigehen mal eben ein Subgenre begründet hatten, drehten Sie mit Hügel der blutigen Augen (1977) einen weiteren Klassiker, der zusammen mit Das Kettensägenmassaker (Tobe Hooper, 1974) die bis heute gültige Schablone des “Backwoods Horror†entwickelte: Ein paar arme Schweine kommen in der Wildnis vom Weg ab und werden von mutierten Inzestmonstern hingeschlachtet. Wenn das nächste Mal jemand angesichts des heutigen sogenannten “Torture Porn†den Untergang des Abendlandes nahen sieht, sollten wir uns bei einer Tasse Fencheltee erinnern, wie Sie und Ihre Kollegen damals die Traumata des Vietnamkrieges aus dem kollektiven Unterbewustsein der US-Gesellschaft zu Tage zerrten, dann einen Blick auf die jetzige politische Realität werfen und das Thema zu den Akten legen.
Wer weiterhin ernsthaft behaupten will, Sie, Wes Craven, hätten Gewalt nie stilisiert, muss spätestens 1984 aufgehört haben, Ihre Filme zu gucken. Gab es in Ihrem Frühwerk noch eine gewisse zynische Bodenständigkeit in der Brutalität, war Nightmare – Mörderische Träume, den ich im wahrsten Wortsinn Ihr Meisterwerk nennen möchte, ein surrealer Bilderrausch, wie ihn der Teenie-Slasher zuvor nicht gesehen hatte.
Der ganze Artikel auf moviepilot.de
Cabuflé; 2009-07-27
Kurzfristig bekam ich heute mittag Gelegenheit meiner Erleichterung ob des Endes vom Romy-Schneider-Biopic Ausdruck zu verleihen:
(…) denn die Titelrolle in Romy sollte keine Geringere spielen als Yvonne Catterfeld. Ich war selbstverständlich nicht dabei als diese Entscheidung fiel, stelle mir das Gespräch aber ungefähr so vor: Sagt der Produzent zum Regisseur: “Hier ja, die Catterfeld, guck ma’ die hat auch diese süße Stupsnase und so Wangenknochen wie die Schneider.†Der Regisseur – gerade verzweifelt die letzten Koksreste von seiner Kreditkarte leckend – schaut kurz auf und brummelt “Phh, Hmm, wer? Catterfeld? Kann die den schauspielen? Na egal, passt schon. Ich bin dabei. Hauptsache ich krieg mein Geld pünktlich.†Alle jubeln. Eine Runde Champagner aufs Haus – hier wurde soeben der Besetzungscoup des Jahrtausends gelandet!
Schadenfreude: Romy Schneider Projekt mit Catterfeld ist geplatzt! auf moviepilot.de
Cabuflé; 2009-07-18
Eine Frau hat sich ganz unerwartet bei mir gemeldet. Vor langer Zeit, als sie noch fast ein Mädchen war und ich fast noch ein Junge, waren wir gute Freunde und ich sehr lang sehr unglücklich verliebt in sie, das heißt, so war es in Wirklichkeit, doch dies hier ist ein Traum, und uns verbindet eine lange enge Paarbeziehung. Als die vor etwa einem halben Jahr zu Ende ging, brachen wir jeden Kontakt ab, doch jetzt hat die Frau angedeutet, sie sei sich nicht mehr sicher ob das richtig war und wolle also mit mir reden, sehen, ob unsere Liebe nicht noch eine Chance verdient.
Das kommt mir ganz gelegen, sentimental wie ich bin, und so sitzen wir jetzt auf braunen Ledersofas in einem provisorisch wirkenden Wohnzimmer im Erdgeschoss. Das Haus im Speckgürtel von irgendeiner Großstadt wird schon länger da gestanden haben, vielleicht ein sanierter Teil eines alten Bauernhofs, denn zwischen Plattenbau und Reihenhäusern wirkt es seltsam deplatziert. Da ich ganz offensichtlich hier nicht wohne, müssen wir bei ihr zu Hause sein. Wir haben uns in Wolldecken gewickelt, denn draußen ist es kühl geworden, der Himmel grau, die Fenster sind schlecht isoliert. Wir rutschen näher aneinander, berühren uns und sind von Anfang an vertrauter als wir dachten.
Etwas später, sie ist kurz nach draußen und tollt alleine im herbstlich trüben Garten herum, fällt mir ein, dass sie doch mit mir reden wollte, und ich rufe sie herein und frage, wie es denn nun aussieht, was sie meint, und wie wir es mit der Beziehung halten sollen. Da lacht sie, wirft sich auf mich, drückt meine Schultern fest nach unten und sagt: “Mein Gott, du hast das wirklich geglaubt. Als ob ich mit dir wieder zusammenkommen wollte! Ha ha ha! Es hat funktioniert. Du Vollidiot!” Sie kommt ganz nah an mich ran und erklärt sehr sachlich, sie habe aus dem Internet diese Anleitung von einer Feministin, wie Männer so richtig fertigzumachen sind, und sie wollte das an mir mal ausprobieren.
Ich bin naturgemäß gekränkt und irgendwie am Ende, mir fehlen die Worte, und bevor mir welche einfallen, wird sie auf einmal wieder sehr zutraulich, kuschelt sich eng an mich mit ‘nem Hundeblick, die Sache tut ihr offenbar sehr leid, sie ist untröstlich. Die Ärmste scheint ziemlich neben der Spur zu sein, und das passt, denn wenn ich mal an Frauen gerate, dann meist an solche, die einen rechten Knacks weg haben. Ich schließe sie vergebend in die Arme, halte sie ganz fest, sie drückt gleich ihren ganzen Körper an mich, wir bedecken unsere Gesichter mit Küssen, sie atmet tief und schwer, wir schieben zärtlich doch bestimmt des jeweils anderen Kleider zur Seite, fühlen warme glatte Haut, da lässt sie plötzlich ab, sehr ernst, und vorwurfsvoll sagt sie: “Du Schwein. Ich hab’s gewusst, dass du so reagierst. Du betrachtest mich doch nur als ein Objekt! Verschwinde! Du widerst mich an!” So endet die Geschichte.
Das alles ist die reine Wahrheit, denn genau so hab’ ich’s heute nacht geträumt. Und so behält der alte Stephan Remmler wieder Recht.
Cabuflé; 2009-07-14
Und wieder ein moviepilot-Lesebefehl. Diesmal habe ich mir ein vollkommen sinnfreies Lamento über die Potter-Manie aus den Rippen geleiert:
(…) denn genau das ist ja das Schlimme an Harry Potter: Im Gegensatz zu anderen Hype-Phänomenen fürs jüngere Publikum kann man ihn noch nicht mal guten Gewissens hassen! Die Chroniken von Narnia hat christlichem Erlösungskitsch und alberne sprechende Tiere, Twilight – Biss zum Morgengrauen bietet dem passionierten Nörgler und Klugscheißer ein wahres Fest mit seinem unverhohlenen Sexismus, Lustfeindlichkeit, glitzernden Vampiren und mehr und Die Wilden Kerle als vergleichbares deutsches Produkt hat die Ochsenknecht-Brüder. Case closed.
Wenn ich als Potter-Verächter nun erklären soll, warum sich mir bei allen News zu Harry Potter und der Halbblutprinz die Nackenhaare aufstellen, stehe ich da wohl erst mal ziemlich blöd da. Es gibt einfach – so im Allgemeinen – nicht wirklich etwas auszusetzen an Joanne K. Rowlings Hogwarts-Universum. (…)
Der ganze Artikel auf moviepilot.de
Im übrigen durfte ich heute ausnahmsweise mal einen TV-Tip schreiben, den ich wirklich für hochgradig empfehlenswert halte. Wer also heute Nacht lange auf bleibt, sehe unbedingt den großartigen Konzertfilm Stop Making Sense.
Cabuflé; 2009-07-07
Da wollt ich ja noch bescheid sagen: Bei Moviepilot habe ich einen kurzen Artikel über den Verbleib von David Faustino (Bud Bundy) geschrieben:
Für pubertierende Jungs in den Neunzigern gehörte Budrick “Bud†Bundy vielleicht zu den wichtigsten Bezugspunkten beim Erwachsenwerden. Während Hunderte von lauwarmen High-School-Komödien und die handelsübliche Sitcom einem beständig vorlogen, man könne alles schaffen, wenn man nur genug wolle, war es gut zu wissen, dass eine Show immer ehrlich blieb: Welches Pubertätsproblem einen gerade auch quälen mochte, ob Mädchen, Pickel, Jobs, Mädchen, Gruppenzwang, Unterleibshygiene, Schule oder Mädchen – mit Sicherheit war Bud Bundy bereits daran gescheitert, und das ließ einen hoffen. Nicht, dass es eines Tages besser würde, aber dass es irgendwie schon okay so war.
Jetzt ist Eine schrecklich nette Familie seit etwas mehr als zehn Jahren aus dem Programm und die Darsteller sind weiter gezogen….
Der ganze Artikel auf moviepilot.de
Im übrigen bittet mein Kollege Oliver um freundliche Beachtung seines Brüno-Testes Wie schwül bist du?
Falls es jemanden interessiert: Cabuflé ist zu 75% schwül. Als ob wir das nicht schon immer gewusst hätten…
Cabuflé; 2009-06-26
DISCLAIMER: Ich fühle mich genötigt nochmal zu betonen, dass ich ein Freund des Rechtes am geistigen Eigentum bin. Und sogar die Idee, dass eine zentrale Stelle das Kassieren und Verteilen von Tantiemen übernimmt, ist ja auf den ersten Blick nicht die Schlechteste.
Allerdings darf als bekannt vorrausgesetzt werden, dass Organisationen ab einer gewissen Größe – zumal wenn ihnen von staatlicher Seite eine Alleinstellung quasi garantiert ist – dazu neigen im Besten Falle bürokratische Ungetüme zu werden, im schlimmsten Fall dekadent und korrupt. Die Gema in ihrer jetzigen Form tut für das Gros der Musiker ungefähr so viel wie Gewerkschaften für Arbeitnehmer.
Beispiele dafür hat Jens Berger auf Telepolis zusammengetragen:
Wenn ein Künstler auf einem von ihm selbst veranstalteten Konzert seine eigene Musik spielt, so muss er die Gebühren für seine eigene Musik an die GEMA abführen und bekommt – im besten Fall – seine Gebühren, abzüglich der Verwaltungskosten der GEMA, zurück. Dieser “beste Fall” tritt jedoch eher selten auf. (…) Selbst wenn die Konzerte gut besucht sind, fließt oft weniger Geld an den Künstler zurück, als ihm eigentlich zustehen würde. (…) ein Hauptteil der GEMA-Einnahmen landet im “großen Topf” und aus ihm werden vor allem die Künstler bezahlt, die im Radio rauf und runter gespielt werden und die in den Verkaufshitparaden auf den obersten Plätzen stehen. Die Abgaben, die Konzertveranstalter für eine junge Nachwuchsband abführen müssen, landen so über die Umverteilungsmaschinerie der GEMA in den Taschen der Bohlens und Grönemeyers. (…)
Wenn der Veranstalter es nicht schafft, genügend Zuschauer für zu sein Konzert zu begeistern, so ist er doppelt gestraft. Ihm entgehen nicht nur Eintrittsgelder und Einnahmen aus dem Getränkeumsatz, er muss auch genauso viel GEMA-Gebühren abführen, wie bei einer ausverkauften Veranstaltung. Immer mehr Kneipiers oder Kleinveranstalter scheuen dieses Risiko und bieten entweder gar keine Live-Musik mehr an, wenn sie sich nicht sicher sein können, dass das Konzert sehr gut besucht ist, oder legen die GEMA-Gebühren auf die Künstler um.
Für Nachwuchskünstler ist es allerdings auch nicht eben attraktiv, wenn sie bei ihren Konzerten nicht nur kein Geld bekommen, sondern sogar Geld mitbringen müssen. Die Geschäftspraktiken der GEMA fördern so direkt und indirekt die Monokultur des Mainstreams.
Eine online-Petition zu eben dieser Problematik hat vor ein paar Tagen die 50.000er Grenze überschritten, wonach der Bundestag verpflichtet ist, sich mit ihr auseinanderzusetzen. Wie ernst man dort derartige Eingaben nimmt, war ja erst kürzlich beim Thema Internetsperren zu beobachten. Da zu hoffen bleibt, dass dem Thema in diesem Rahmen eine gewisse öffentliche Aufmerksamkeit zuteil wird, mag sich das Zeichnen der Petition dennoch lohnen.
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