Im Nebensatz
Sims Alabim; 2010-11-16
Eigentlich wäre diese Meldung ja eines Applauses wert: Die Wehrpflicht soll abgeschafft werden. (Auch wenn man sie naürlich nicht aus dem Grundgesetz streicht, um sie im Notfall auch ganz schnell wieder einführen zu können). Nachfolgenden Generationen junger Männer soll es also erspart bleiben, in der Altersgegend eines möglichen Schulabschlusses von Vater Staat angeschrieben und als potentielles Kanonenfutter deklariert zu werden, sich in einer Kaserne einzufinden und von einem meistens eher gelangweiltem als wirklich gründlichem Arzt sittlich an den Hoden berührt zu werden, Multiple Choice Aufgaben am Rechner zu lösen und anschließend nach den Schulnoten ein weiteres Menschenregistrierungsraster und seine Position darin kennen zu lernen: Die Tauglichkeitsstufen.
Diejenigen, denen der Gedanke an eine bevorstehende Invasion aus Russland (oder von Zombies…) irgendwie doch zu wenig Sorgen macht, um scharf darauf zu sein, den Umgang mit der Waffe zu lernen, müssen das nicht mehr in einem schwülstigen Begründungsschreiben formulieren, diejenigen, die früher zum Bund gegangen sind, weil man da “früher wieder raus ist” müssen keinen Treueeid auf eine Nation schwören, die ihre eigene Staatsmacht auch gerne gegen Bürger einsetzt, die ihre Stadt nicht an Grundstücksspekulanten verlieren wollen, und diejenigen, die wahrhaftig der Meinung sind, der Menschheit mit ihrer Teilnahme am “Krieg gegen den Terror” einen Gefallen zu tun, können sich ja immer noch freiwillig verpflichten.
Alles also schön und gut.
Delikat wird es im Nebensatz: “Auch der Zivildienst wird damit ausgesetzt. Zuletzt waren 90.555 Kriegsdienstverweigerer überwiegend im sozialen Bereich tätig.”
Ich will jetzt das Lamento gar nicht anstimmen, das eigentlich an diese Stelle gehört, will mich gar nicht darüber auslassen, dass der Verzicht auf Zivis die Krankenhäuser, Altersheime, Behindertenwerkstätten, Naturschutzgebiete etc.pp. womöglich schwer treffen wird, dass ich trotz meiner ablehnenden Haltung der Wehrpflicht gegenüber der Meinung bin, dass es einem jungen Menschen in diesem Alter absolut gut tut, wenigstens ein paar Monate lang eine Tätigkeit auszuüben, die weder seiner Karriere noch seiner Neugier auf fremde Länder geschuldet ist, dass ich mich sogar dazu hinreißen lassen würde, für eine Zivildienstpflicht zu plädieren, und zwar auch für Frauen (!), ich will auch nicht sentimental werden und beschreiben, dass meine Zivildienstzeit immer noch zu einem der absolut besten Jahre meines Lebens gehört – ich will nur auf die Tatsache hinweisen, dass der Zivildienst offensichtlich in seiner Wertigkeit als möglicherweise sinn- und wertvolle gesellschaftliche Einrichtung überhaupt nicht anerkannt, sondern noch immer als “Nebenprodukt” einer militärischen Organisation verstanden wird.
Es handelt sich dabei noch immer um einen Wehr-Ersatz-Dienst, und wenn man den Wehrdienst abschafft, scheint man auch den “Ersatz” nicht mehr zu brauchen. Wenn man jungen Männern nicht mehr zumuten will, unfreiwillig das Töten zu lernen, kann man ihnen offenbar auch nicht mehr zumuten, unfreiwillig einem Rollstuhlfahrer beim Waschen oder alten Leuten beim Essen zu helfen.
Ich finde das schon immer wieder erschreckend, wie wir so unsere Prioritäten setzen.
Ich begrüße durchaus auch die Abschaffung des Zivildienstes.
Warum genau sollte der Staat es jungen Männern (und warum eigentlich nur Männern…?) zumuten dürfen “unfreiwillig einem Rollstuhlfahrer beim Waschen oder alten Leuten beim Essen zu helfen”? Ich halte wenig von der Idee, dass ein Staat seine Bürger erziehen sollte. Ein Zwangsdienst ist und bleibt ein Zwangsdienst, der mit der Idee einer freien und aufgeklärten Gesellschaft nicht vereinbar ist, ganz gleich zu welcher (womöglich gar guten) Arbeit Menschen gezwungen werden.
Abgesehen von diesem moralischen Grund (der allein schon ausreichen sollte, den Zivildienst kategorisch abzulehnen) noch zwei rein pragmatische Ãœberlegungen:
– Ist es wirklich im Sinne der Alten und Kranken, wenn sie von Menschen gepflegt und betreut werden, die dies nicht tun, weil sie es sich ausgesucht haben, sondern weil irgendjemand sie dazu zwingt (und die zumindest in Teilen diese Arbeit mit der entsprechenden geringen Sorgfalt verrichten werden)?
– Und weißt du, wer die Aussetzung des Zivildienstes vermutlich geradezu euphorisch feiert? – Tausende arbeitsloser gelernter Pflegekräfte, für die jetzt zumindest ein paar neue Jobs entstehen werden.
Natürlich ist davon auszugehen (spekuliere ich hier als völlig uninformierter Laie), dass eine praktische Konsequenz aus diesen Entscheidungen unterm Strich die Verschärfung bestehender Mängel im bundesdeutschen Pflege- und Gesundheitssystem sein wird. Die Antwort darauf sollte allerdings die Entwicklung funktionierender Finanzierungs- und Organisationsmodelle sein, nicht die Zwangsrekrutierung von Schulabgängern.
Ich sehe das anders.
Ein ganz erheblicher Teil der Aufgabe eines Staates (als Erweiterung kleinerer, sozialer “Stammes”-Gemeinschaften, die es heute nicht mehr gibt) ist doch die Erziehung der Bürger. Ob das nun durch Verordnungen, Gesetze und Reglementierungen geschieht, die letztlich ja auch nach keinem anderen Prinzip funktionieren, als dem, nach dem ein verzweifelter Vater seinem Kind einen Satz heiße Ohren androht, wenn es noch einmal die Wände im Treppenhaus mit Edding vollschmiert, oder beispielsweise durch die Schulpflicht.
Man kann sich über die Art und Weise, WIE Schulkindern etwas beigebracht wird, wirklich aufregen (ich tue das ja auch nach Herzenlust), man kann sich über die Auswahl der Inhalte streiten, aber den generellen Gedanken, dass der Staat dafür Sorge trägt, dass Kindern eine gewisse Grundbildung zwangsverordnet wird, halte ich nicht für grundsätzlich verkehrt.
Und so wie ich das, was der Zivildienst im Idealfalle sein könnte, begreife würde er sich gar nicht so sehr von dem Konzept der Schule, bzw. der Schulpflicht unterscheiden.
Ich habe 13 Monate lang behinderte Menschen gepflegt und betreut. Keine andere Arbeit, keine andere Aufgabe, die ich mir seither in meinem Leben selbst und freiwillig ausgesucht habe, hat jemals meinen Horizont so erweitert, meine Ansichten über das Leben derartig geprägt, meine Perspektive, worauf es im Leben ankommen könnte, derartig in Frage gestellt. Menschen, die darauf angewiesen sind, bei der Bewältigung ihres Alltags zu helfen, ist eine Aufgabe die im Gegensatz zu vielen anderen Tätigkeiten einen Sinn und Wert hat, der sich bereits im Augenblick des Tuns erschließt, der nicht weiter hinterfragt werden muss. Für mich war das eine bereichernde Erfahrung, der ich mich natürlich freiwillig so niemals gestellt hätte. Eine Abschaffung des Zivildienstes bringt viele junge Menschen (wie gesagt: wegen mir müssen das nicht nur Männer sein) um diese Erfahrung, der sich die Wenigsten vermutlich aus freien Stücken stellen würden, und die viele aber nicht mehr missen wollen.
Natürlich trifft das weder auf jeden Zivildienstleistenden noch auf jede Zivistelle zu, aber Deinem ersten pragmatischen Einwand würde doch mit der Antwort begegnen, dass es meiner Erfahrung genrell nicht entspricht, dass Zivis einen Pflegejob lustlos und unverantworlicht runterreißen, weil sie dazu gezwungen worden sind. Natürlich hatten Zivis bis jetzt ein anderes Selbstverstädnis, weil dem Zivildienst ja zumindest eine aktive Willensentscheidung vorausging, nämlich die Verweigerung des Militärdienstes, und er sich dadurch ja schon ein Bißchen weniger “unfreiwillig” angefühlt hat, als er das ohne diese Prozeß wohl würde. Trotzdem wäre ich eher zuversichtlich, dass der Effekt, der sich bei mir eingestellt hat, auch bei den meisten Anderen einstellen würde, und dass junge Menschen, die erleben, welchen unmittelbaren Sinn ihre Hilfe hat, und welche Verantwortung in ihren Händen liegt, auch durchaus genug Antrieb verspüren würden, diesen Job erstens ordentlich und zweitens sogar gerne zu machen.
Wir können uns natürlich gerne über die Vorzüge der Anarchie und einer weit weniger reglementierten Gesellschaft unterhalten – da bin ich sofort an Bord! – aber im Augenblick sehe ich nicht, warum ausgerechnet die Verpflichtung zu einer der grundlegendsten sozialen Tätigkeiten, die ein Mensch nur verrichten kann, einer “freien” und insbesondere einer “aufgeklärten” (worüber denn?) Gesellschaft widersprechen soll, in der man aber Mathematik lernen, Sport in der Schule machen, dem Staat sein Einkommen offen legen und für den Erwerb eines Führerscheins einen Kurs in erster Hilfe machen muss.
Damit will ich nur sagen: Wenn Du das Argument der freien Gesellschaft gegen den Zivildienst in Feld führst, dann gibt es auch sehr viele andere Dinge, gegen die es ins Feld geführt werden muss. Falls wir uns aber darauf einigen können, dass der Staat das Recht hat, ein paar ganz grundsätzliche erzieherische Maßnahmen zu ergreifen, ist das keine Grundsatzdebatte mehr sondern eine, die den speziefischen Inhalt solcher Maßnahmen betrifft. Und in diesem Fall bin ich ganz klar Pro-Zivildienst.
Was Deine zweite pragmatische Ãœberlegung angeht: Das müsste man jetzt natürlich recherchieren, aber nach dem, was ich so im Bereich der Behindertenpflege mitbekommen habe, war die Situation in den letzten Jahren nicht so, dass tausende gelernter Arbeitskräfte nur darauf gewartet hätten, endlich die Stelle der Zivis einzunehmen.
Tatsächlich ist es eher so gewesen, dass die immer stärkere zeitliche Reduzierung des Zivildienstes es immer schwiergier gemacht hat, Zivis überhaupt noch als vollwertige Arbeitskräfte einzusetzen, weil die Zeit kaum noch dazu ausgereicht hat, sie in wirklich verantwortungsvolle Posten einzuarbeiten. Ein wirklicher Ersatz (und damit eine Bedrohung) für eine Vollzeitstelle waren sie eigentlich schon nicht mehr. Wenn das alles stimmt dürften die jetzt euphorisch feiernden Gruppen arbeitsloser Pflegekräfte im Augenblick relativ klein sein.
Natürlich müsste man im Zuge der Abschaffung des “zwischengeschalteten” Wehrdienstes auch den Zivildienst grundsätzlich reformieren, über Dauer, Art und Weise der Stellen, deren Betreuung, deren Finanzierung, neu nachdenken, und vieles von dem, was mir da durch den Kopf geht, sind nur hypothetische Ãœberlegungen. (Meinetwegen kann es ja auch gerne möglich sein, den Zivildienst ganz einfach und ohne große Konsequenzen zu verweigern, zumindest die Formulierung eines guten Begründungsschreibens würde ich da aber verlangen, und wäre auch schon gespannt, was dann da so drin steht…)
Das wird aber alles leider schöne Utopie bleiben, weil es ja offensichtlich – und nur darüber wollte ich mich letztlich ja aufregen – niemals zur Debatte stand und steht, ob eine so (wie ich fand) großartige Einrichtung tatsächlich ein denkbares Modell sein könnte, wenn man es nicht mehr als irgendwie praktikablen, kuriosen und nicht wirklich erwünschten Nebeneffekt eines militärischen Rekrutierungsappartes sehen muss.
Was den Zivildienst betrifft, muss ich Sims zustimmen. Unter den vielen Zwängen, die uns durch unser Leben in einer “aufgeklärten Gesellschaft” auferlegt sind, und von manchen auch einfach Verantwortung genannt werden, ist der Zivildienst doch noch einer der Sinnvollsten, die mir einfallen.
Ich möchte allerdings in Bezug auf die Abschaffung des Wehrdienstes eine Ãœberlegung beisteuern, von der ich im Moment noch nicht weiß, wie ich ihr gegenüber stehe. Auf jeden Fall finde ich sie erwähnenswert:
Außer der Degradierung auf T0-T4 und Personenkennnummern, außer der Monotonie des Gehorchens innerhalb der Bundeswehr, erfüllt sie doch noch eine etwas abstraktere Funktion, nämlich dass jeder männliche Bürger dieses Landes von ihr kontaktiert wird, wenn er ein gewisses Alter überschritten hat. Ohne diese postalische Zusendung überschätzen zu wollen, und so banal und blöd der tatsächliche Brief dann auch ist, drückt sich in der Zusendung doch ein grundlegendes Prinzip der Relation von Staat und Bürger aus. Wir sind als Bürger eben Teile des Staates, integrale Bestandteile, denen in einer vernünftigen demokratischen Ordnung auch Pflichten(und wie gesagt Verantwortung) zukommen. Ich will nicht darüber sprechen, welche Pflichten genau, darum geht es nicht. Der Brief von der Bundeswehr zeigt dem jungen Bürger vielmehr überhaupt erstmal mit einiger Deutlichkeit, DASS er ein Teil des Staates ist, nicht nur eine Person, die sich an Gesetze halten muss. Ich persönlich fühle mich in einem Land, das sowieso schon ungewöhnlich rabiat mit Protesten umgeht, immer noch wohler, wenn jeder Soldat dieses Landes prinzipiell gezwungen ist, Soldat zu sein, wenn er sich also als Soldat als Teil der Bürger und des Staates versteht, die er beschützen soll.
Eine Armee aus Freiwilligen besitzt nicht als Fundament diese prinzipielle moralische Implikation und ist daher meiner Meinung nach anfälliger für Missbrauch. Ihr Selbstverständnis lässt sich eben nicht mehr so einfach als Bürgerpflicht definieren, ihr Konzept scheint mir ein Anderes und grundsätzlich Gefährlicheres zu sein(nämlich soetwas wie eine Einsatztruppe, die gegenüber dem Inhalt des Einsatzes indifferent ist). Ich sehe der Abschaffung der Wehrpflicht also mit mulmigem Gefühl gegenüber, mit dem Gefühl das man hat, wenn man weiß, dass die Männer, die die nächsten Bundeswehrinneneinsätze übernehmen werden, eben keiner prinzipiellen, zwingenden Verpflichtung mehr folgen werden, nicht mehr zumindest geeint sein werden, in einem Grund(bzw. Bedingung) für ihren Beitritt, nämlich der Wehrpflicht, sondern aus freien, persönlichen und unterschiedlichen Gründen dort sein werden, die unberechenbar sind.
Ich möchte drei Dinge an dieser Formulierung betonen(bevor wieder ein Sturm der Empörung folgt)
1. Es geht hier um ein Prinzip, keine individuellen, empirischen Sachverhalte. Natürlich kann man sagen, dass auch jetzt schon mehr Freiwillige in der Bundeswehr sind, als Gezwungene und das bestreite ich auch nicht. Diese Leute mögen auch ihre eigenen, verworrenen Gründe haben, der Armee beizutreten, aber als Bedingung der Möglichkeit ihres Beitritts, so sehr sie sich ihn auch wünschen, fungiert immer noch zumindest pro forma der Zwang. Und natürlich besteht auch jetzt schon die Möglichkeit, ausgemustert zu werden, oder zu verweigern. Diese Möglichkeit verneint aber eben noch nicht das grundsätzliche Prozedere erst gezwungen zu sein. Dann erst folgt, was ich übrigens auch für wichtig halte, in einem Verfahren, in dem man als juristisches Subjekt auftreten muss(was abermals die Zugehörigkeit zum staatlichen Netzwerk vor Augen führen muss), die Verweigerung. Dass dieser Ausweg existiert ändert aber nichts an dem Pflichtprinzip, was zunächst formal einsetzt, sobald man mündig wird(oder 18). Genau dieses Prinzip wird der nächsten Generation fehlen: Wiederum: Damit meine ich nicht: Es wird jedem Individuum fehlen. Durchaus können auch in einer Freiwilligenarmee Leute existieren, die es für ihre Bürgerpflicht und gar moralischen Imperativ halten, beizutreten. Aber wiederum wird dieser Generation das reine formale Prinzip des Zwanges als allgemeines, gemeinsames Fundament fehlen.
2. Diese These heißt nicht die Wehrpflicht an sich gut. Sie stellt nur in Aussicht, dass der Ersatz durch eine Freiwilligenarmee eventuell noch gefährlicher ist, als die Wehrpflicht. Insofern wird die Wehrpflicht relativ, nicht absolut verteidigt. Absolut muss ich sagen, dass ich finde, dass man die Wehrpflicht schon vor Jahren hätte abschaffen sollen. Allerdings mitsamt der Bundeswehr an sich und ohne die Zivildienstpflicht auch noch zu verlieren.
3.(oder 2b) Natürlich gibt es besser Wege, um einem Bürger seine dependente Zugehörigkeit zum Staate deutlich zu machen und ihn in das staatliche Netzwerk einzubinden. Einer dieser Wege ist der Zivildienst.
Guten Abend.
@Grotemson
Das ist schon ein spannendes Argument, aber ich glaube, Deine speziellen Sorgen sind unberechtigt, bzw. erschreckenderweise auch ohne die Abschaffung der Wehrpflicht bereits gültig.
Denn:
– Die Bundeswehr verfügt auch jetzt schon über genug Berufssoldaten, um gar nicht erst in die Verlegenheit zu kommen, reine Wehrplfichtabsolventen in Auslandseinsätze (oder irgendwelche anderen “sinnvollen” Einsätze) zu schicken. Das heißt, die Menschen, die im Augenblick unser Vaterland verteidigen, tun das bereits aus jenen obskuren Gründen, die über ein Gezwungensein hinausgehen.
– Selbst wenn das nicht so wäre: Aus was für Soldaten hätte die Armee aus Wehrpflichtigen, hätte man sie in den Krieg geschickt, denn bestanden? Aus denen, die nicht verweigert haben. Weil sie entweder die Bundeswehr für sinnvoll halten, aus familiären Verhältnissen kommen, in denen man sich nicht traut, zu verweigern, oder (ich zitiere einen Dude, den ich anno Tobak bei meiner Musterung kennengelernt habe) weil sie halt lieber “11 Monate sinnlosen Scheiß machen, als 13 Monate sinnlosen Scheiß machen” – kurz: Nicht die Gruppe Leuten, der man in einem wahren Kriegseinsatz so wirklich zutraut, aus eigenen moralischen Erwägungen heraus die Rechtfertigung ihres eigenen Handelns abzuwägen und die ihnen gegebenen Befehle in Frage zu stellen, ggf. sogar zu verweigern. Leute, die zu so viel Courage im Stande sind, haben bereits verweigert und machen jetzt Zivi.
– So oder so (und, wie ich bereits an anderer Stelle festgestelle habe, per Definition) besteht eine Armee hauptsächlich aus Soldaten, die entweder aus moralischer Ãœberzeugung, oder aber aus purer Faulheit, Feigheit und Ignoranz, beschlossen haben, ihren Vorgesetzten bedingungslos im Dienste einer Flagge gehorsam zu sein, und nicht länger mehr nach eigenem Ermessen zu handeln. Wenn also in Zukunft die faulen, feigen und ignoraten Soldaten wegfallen, und nur noch die Ãœberzeugungstäter bleiben, macht das den Kohl nicht wirklich fett – vielleicht verbessert es die Situation am Ende sogar…?
Die Kollektivwirkung des Briefchens von Vater Staat ließe sich mit einem reinen Zivildienst auch erreichen – und könnte sogar auf die zweite Hälfte aller Bürger, nämlich die mit dem X-Chromosom, ausgeweitet werden.
Im Moment versuchen sie nun wohl, den Zivilidienst durch einen reinen Freiwilligendienst zu ersetzen. Das zeigt immerhin, dass sie zumindest die eine Seite seines positiven Effektes, nämlich den auf den Sozialstaat, zu würdigen wissen, auch wenn ihnen die zweite Hälfe, nämlich den auf den Zivildienstleistenden, nicht besonders wichtig ist.
By the way: Look, who´s talking!
Ich dachte eigentlich, zumindest deinen ersten Bindestrich(und eigentlich auch die anderen) hätte ich durch meine Anmerkung 1 abgedeckt. Ich spreche ja vom Wegfallen eines Grundprinzipes, nicht von den Individuen, die jetzt in der Bundeswehr sind. Natürlich sind die da freiwillig und aus mehr als obskuren Gründen. Aber sie wurden eben alle erst pro forma gezwungen. Und genau das wird sich bald ändern. Ich würde demnach eben sagen, dass es doch einen Unterschied macht, verpflichtet(prinzipiell) oder freiwillig eine Armee zu sein. Das wird sich natürlich zeigen müssen, aber die Situation wird sich sicherlich nicht verbessern. Denn die kommende Armee wird nicht nur aus faulen, feigen und moralisch verwirrten Menschen bestehen, sondern als Armee, also als Set von Menschen, nicht mehr das Selbstverständnis haben, in einen staatlichen Kontext eingebunden zu sein, sondern nur noch FÃœR diesen Staat zu kämpfen.