Wir können auch Fantasy


Sims Alabim; 2008-10-13

Ich wollte es eigentlich nicht tun.

Ich wollte eigentlich nicht gleich in meinem ersten Beitrag hier über einen Film schreiben, und mich somit früher als unbedingt nötig als Filmnerd outen, der ansonsten mit der Welt nur wenige Themen gemeinsam hat.

Aber jetzt habe ich mich doch dazu hinreißen lassen, auf einem der hier verlinkten Blogs ein Kommentar zu Krabat loszuwerden, und jetzt ist der Text schon geschrieben, da kann man ihn ja aufmotzen und nochmal verwenden, und außerdem hat der andere Blog meine ganzen Umlaute in hässliche Zeichen verwandelt, und die Welt verdient doch, meinen Text zumindest optisch fehlerfrei serviert zu bekommen. Außerdem: Wenn ich auch nur einen Menschen auf diese Weise davon abbringen kann, sein Geld für eine Kinokarte für diesen Film auszugeben, hat sich die Mühe schon gelohnt.

Ich will mich gar nicht lange damit aufhalten, dass Krabat allein vom cineastischen Standpunkt eine Katastrohpe ist, dass von der Musik bis zur Maske, von den Stunts bis zur Auflösung einfach alles falsch gemacht worden ist, was bei der Verfilmung eines genialen Buches falsch gemacht werden kann. Aber ich höre in den berechtigten Kritiken an diesem Film immer wieder das Bedauern, dass man in Deutschland eine Chance verspielt habe, zu zeigen, dass man auch gute Fantasyfilme machen könne. Ich bin ein großer Fan von Fantasy und ich verehre Krabat (das Buch), aber das geht für mich nicht zusammen.

Es ist nämlich gerade die verzweifelten Absicht der Macher, zu beweisen, dass man in Deutschland auch gute Fantasy Filme machen könne, die Wurzel allen Ãœbels.  Auf diese Weise begegnet man Krabat mit einer völlig falschen Erzählhaltung: Man drängt einer Gesichte, deren Magie im Buch in der mysthischen Wiederholung bestimmter Ereignisse zu bestimmten Jahrezeiten liegt, eine unnötige Filmdramaturgie auf, und versucht dann, den daraus resultiereden Verlust jeglicher Magie mit Effekten zu kompensieren, die man sich bei Harry Potter, Herr der Ringe und Gladiator abschaut und schlecht kopiert. Das ganze Blinken und Leuchten, Knarzen und Knacken, und die übertriebenen und billigen Maskeneffekte verscheuchen jeden Rest von Lebendigkeit. Die Selbstverständlichkeit und Alltäglichkeit, die die Magie im Roman so bedrohlich gemacht hat, ist verschwunden. Soundeffekte und leuchtende Zauberstäbe stossen den Zuschauer mit der Nase darauf, was er jetzt unheimlich und gruselig zu finden habe, ohne jeglichen echten Grusel aufkommen zu lassen. Der Gevatter trägt statt seiner Hahnenfeder die Kapuze des Imperators aus Star Wars und sieht auch darunter genauso aus. Und als Krabat seinen Körper verlässt, taucht er in eine leuchtende und wabernde Zwischenwelt ein, in der jeden Augenblick das Auge Saurons auftauchen könnte.

Nichts in dem Film hat eine Haltung. Weder das Buch, noch die Musik, noch die Wahl der Drehorte stellt einen Versuch da, den Inhalt des Buches in filmische Wirklichkeit zu transportieren, sondern versucht nur, irgendwie fett zu sein und irgendwie nach Hollywood auszusehen oder zu klingen. Warum wenden sich Filmemacher urdeutschen Themen zu, und versuchen dann, jeglichen Lokalkolorit für Effekte zu verschenken? Krabat spielt nun einmal nicht in malerisch verschneiten Gebirgslandschaften.

Anstatt zu versuchen, einen Fantasy-Film aus Krabat zu machen, hätte man ihn mit der Ernsthaftigkeit eines historischen Films angehen sollen. Drehorte, Kulisse, Besetzung, Maske: Hätte man hier Realismus walten lassen, und die Magie so subtil und unaufgeregt geschildert, wie das Buch sie beschreibt, dann hätte ein großer Film gelingen können.

Ja, ich wünschte mir aus eigenem Interesse, dass man auch in Deutschland Fantasy machen könnte. Aber trotzdem hoffe ich aus der Tiefe meiner von diesem Film verletzten Seele dem deutschen Publikum, dass Krabat mit Pauken und Trompeten untergeht. Wenn die einzige Art von Fantasy, die wir zustande bringen, darin besteht, unsere größten Literaturschätze zu vergewaltigen, dann haben wir keine verdient.

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