Nachdem mein geschätzter Freund und Kollege Sims Alabim in einem Nebensatz seines höchst lesenswerten Beitrags zur Waldorf-Debatte mit einiger Häme bemerkte “das die Wissenschaft eigentlich nicht einmal mit Sicherheit sagen kann, was für ein Frühstück gesund ist” (was ich ohne zu Zögern als Argument zu Ungunsten der wissenschaftlichen Methode akzeptieren werde, sobald mir ein Anthroposoph oder Homöopath die gleiche Frage überzeugend und zweifelsfrei beantwortet hat) und nachdem er unlängst am Beispiel eines Fernsehbeitrags über Wünschelrütengängerein flammendes Plädoyer zu Gunsten der seine prinzipielle Offenheit für die Geistheiler, Astralwanderer, Pendelschwinger und Hundeleser dieser Erde hielt erklärte, fühle ich mich nunmehr verpflichtet, das Steuer des Kahnes instant-eistee.de wieder ein Stück herumzureißen und mit einem kleinen Grundkurs in gesunder Skepsis und kritischem, im weitesten Sinne wissenschaftlichen Denken zu antworten.
Wegen Verpflichtungen im wahren Leben komme ich gerade leider sehr langsam voran. Da ich Kollege Sims und die interessierte Leserschaft nicht noch länger warten lassen will, habe ich beschlossen, den Artikel zweizuteilen. Hier nun die erste Hälfte.
Perinormal Possibilities
Nach der Auseinandernahme des Welt-der-Wunder-Beitrages (Teil 1; Teil 2) gelangt Sims zu folgendem Schluss:
Wir sind also eher bereit, zu akzeptieren, dass wir alle potenziel etwas irre und disfunktional sind, als dass es mehr zwischen Himmel und Erde geben könnte, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt.
Meine Erwiderung darauf wäre zunächst, dass ich nicht sehen kann, inwiefern eine der beiden Thesen eine Alternative zur anderen darstellen sollte. Ich halte beide (in iherer allgemeinen Form) für so offenkundig richtig, dass ich versucht bin, jeden der eine davon ernsthaft in Zweifel ziehen wollte, ab diesem Moment nicht mehr als Diskussionspartner ernstzunehmen. Mit der ersteren will ich mich später beschäftigen, zunächst aber zur letzteren, die gern und oft von Apologeten esoterischer Ideen als Gratisbegründung für die generelle Ablehnung wissenschaftlicher Argumente benutzt wird.
Es gilt hier, mit einem Irrtum aufzuräumen, der sicher auch durch leichtfertige Äußerungen allzu eifriger Skeptiker und Naturalisten immer weiter geschürt wird: kein ernstzunehmender Skeptiker würde bestreiten, “dass es mehr zwischen Himmel und Erde geben könnte, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt.” Im Gegenteil: Diese Annahme ist eine notwendige Vorraussetzung für wissenschaftliches Arbeiten als solches. Wozu denn noch weiter forschen, wenn wir über alles Nennenswerte zwischen, über oder unter Himmel und Erde schon bescheid wissen?
I don’t really think that we have made a scratch, the tiniest scratch in what we have to know. I get these comments all the time from people, who say: “Well, science doesn’t know anything, does it?” And I say: “That’s right! Science doesn’t know anything absolutely. What it does, is: it expresses statements about the universe, that are observed, presents the evidence and sais: “This conclusion is very likely to be true, very, very likely to be true, but: you look into it and see if you can find an exception.” Weiterlesen…
Mein Kollege mag mir vergeben, dass ich die versprochene Antwort auf seinen Wünschelrutenpost noch etwas weiter hinausschiebe, um mich über persönliche Banalitäten auszulassen. Sims, wir sind Leidensgenossen. Bitte, du musst das verstehen!
Man hat also, weil man sich dazu berufen fühlt, beschlossen einen Film zu machen. Man dachte, dass diese kleine Geschichte von zwei Freaks, die einander inmitten von schreiend lauter menschlicher Beliebigkeit begegnen und aneinander wachsen, zwar ihre zwei, drei organisatorischen Tücken haben mochte, für einen studentischen Drittjahresfilm jedoch eher harmlos und leicht zu stemmen wäre.
Ein halbes Jahr später sitzt man Tag für Tag mit dem über alle Maßen verehrten Kameramann über dem Drehbuch und brütet Bilder aus, für die man einem Tag das ganze Budget verbraten könnte, ohne einmal auf den Auslöser gedrückt zu haben. Shit Happens. Mal schaun, was für’n Sponsoringdeal wir da kriegen. Und da. Und da. Und da…
Man hat vor allem aber dieses Mal die Geschichte für so diffizil erachtet, dass man die Hauptrollen nicht wie bisher den hervorragenden Schauspielern aus dem Freundeskreis auf den Leib schrob, sondern Figuren im Kopf gestalt annehmen ließ, um dann, wie ernsthafte Filmemacher es nun Mal tun, zu casten.
Man hat sich auf diese anspruchsvolle Arbeit gefreut und nicht Angst aber Respekt davor gehabt, sich deshalb vorgenommen, früh mit der Schauspielersuche zu beginnen.
Man hat auch früh begonnen. Und trotzdem will man jetzt in einem Monat drehen, die Maschine läuft, und bis auf die bedeutende Nebenrolle, die man einem hervorragenden Schauspieler aus dem Freundeskreis auf den Leib geschrieben hat, ist nichts besetzt.
Man sitzt seit Monaten Abende lang vor dem Rechner und klickt sich durch Agenturseiten, durch Schauspielerverzeichnisse, durch dubiose Kleinanzeigenmärkte von Foto zu Foto und macht zum wiederholten Mal eine Erfahrung, die sich, nicht nur weil man selbst gelegentlich als Schauspieler arbeitet, irgendwie creepy anfühlt.
Irgendwie muss man schließlich eine Vorauswahl treffen, und nach dem zweihundertsten Portraitfoto eines jungen Mannes mit diesem ganz speziellen verstrahlten Silberblick, den charismatische Führerfiguren über Jahre hinweg in so gut wie jeden Schauspielschüler hineinprügeln, nach mehreren Stunden an Demotapes, an deren Anfang jedes Mal der gleiche austauschbare funky Elektropop eine Montage von verschiedenen Varianten des darstellerischen Silberblicks untermalt, nach dem einhundertundfünzehnten Klick auf einen toten Agenturlink wird jeder Mensch, dem an einem letzten Rest geistiger Gesundheit gelegen ist, zum Zyniker:
Wie, der hat fünf Fernsehauftritte in der Vita, aber kein Demotape? Entweder schämt er sich für die bisherige Arbeit, oder ist zu faul, sein Material zu schneiden. Tilt! Raus da! Einer weniger auf der Liste. Vielleicht kümmert sich auch die Agentur einfach nicht angemessen um ihn? Ja vielleicht. Selber schuld, vielleicht merkt ers ja irgendwann. Tilt! Und dieser Fatzke hat auf youronlinecrew-searchwhatever.com nur ein Foto + Emailadresse? Will der besetzt werden oder mal wieder richtig einen wegstecken? Auf die Weise wird er weder das eine noch das andere erreichen. Tilt! Tilt! Tilt! Tilt! Wär ja nicht so, dass ich hier verzweifelt nach dem perfekten Darsteller für meinen Film suchen würde, ihn noch nicht mal bezahlen kann und deshalb in meinem eigenen Interesse wirklich jede Möglichkeit in Betracht ziehen sollte.
Die Zeit und Energie nutze ich lieber um herauszufinden, wo die Mutter von diesem einen Typen wohnt. Dem einzigen, dessen Fotos und Demotapes mich auf einen Schlag umgehauen haben. Und der sich jetzt erdreistet an einem rennomierten Stadttheater verpflichtet zu sein und keine Zeit für meinen Studentenschmonz zu haben. Der wird seine Meinung ganz schnell ändern, wenn ich ihm Mamas Ohren mit DHL schicke.
Wenn ich oben “Schauspieler” schrob, meinte ich das übrigens nicht als “generisches Maskulinum” sondern tatsächlich nur die Kandidaten für die männliche Hauptrolle. Bei der Leading Lady überschattet ein noch weit trivialeres Problem die Vorauswahl: Sie muss eine sehr schöne Frau sein. Muss sie wirklich. So ist die Figur im Buch angelegt. Aber heilige Scheiße, Georg, nur weil du die Dame auf dem Foto da am liebsten auf der Stelle und ohne Zögern bespringen würdest, traust du ihr noch lange nicht zu, einen Teil deiner geprügelten Seele auf die Leinwand zu bringen. Schau dir ihr Demotape an! Diesen stumpf-süßen Gesichtsausdruck kriegst du nie wieder aus ihr raus. Das ist wie mit dem Silberblick.
Es ist ein schmutziger Job, aber irgendjemand muss ihn machen…
Gut dass man ein Blog hat, wo man derartigen Gedankenmüll abladen kann; und noch besser, dass man sich nie angewöhnt hat, den gleichen Müll in Echtzeit und ungefiltert über affige Social-Networking-Tools stichwortartig an alle Freunde und Kollegen zu verschicken. Dann hätte man jetzt nämlich keine mehr.
Zum Abschluss noch ein wirklich gut gemeintar Rat an alle hoffnungsfrohen Schauspieltalente:
Fernsehredakteure und Marketingfuzzis mögen sich von den Funky Elektropoptrailern am Anfang eurer Demotapes beeindrucken lassen. Also bleibt dabei, es könnte euch (bezahlte!) Arbeit verschaffen. Größenwahnsinnige Jungregisseure allerdings bilden sich ein, so etwas wie ein “Gespür für den Moment” zu haben, einen “intuitiven Blick für den Mensch hinter der Figur” (doch, doch, das sind Fachbegriffe… ähem…). Sie wollen wild in eurem Showreel hin- und herspulen und freuen sich deshalb außerordentlich, wenn ihr das Video auf einer Seite veröffentlicht, die schnell lädt und direktes Springen an jeden beliebigen Punkt des Bandes erlaubt. Im Zweifelsfall bieten sich dafür handelsübliche Videoportale wie youtube oder vimeo an. Nur weil eine Seite das Wort “Schauspieler” in der URL hat, heißt das nicht, dass ein Demotape dort besser aufgehoben wäre.
Es gibt natürlich keinen Grund, großartig überrascht zu sein. Dass die katholische Kirche der Judenverfolgung im Allgemeinen und den Naziverbrechen im Besonderen die meiste Zeit eher gleichgültig bis sehr wohlwollend gegenüber stand, konnte jeder wissen, der es wissen wollte, und die Haltung des gleichen Vereins zu Verhütungs- und Seuchenpräventionsfragen bedarf keiner weiteren Erläuterung – immer getreu der Maxime, dass viele todkranke und/oder verhungernde Schäfchen besser sind als eine handvoll (zumindest körperlich) gesunder.
Wenn man allerdings beobachtet wie der Wirsindpapst im letzten Jahr erst aus einer Laune heraus eine kleine antisemitische Fürbitte ausgrub, dann unlängst öffentlich mit Holocaustleugnern herumschmuste, und jetzt, da diese Geschichte noch nicht ganz aus den ratlosen Feuilletons verschwunden ist, zu einem völlig anderen Thema die nächste Unverfrorenheit raushaut, nämlich dass Kondome nicht nur halt nun Mal gegen Gottes Gesetz sind, sondern “vielmehr das [Aids-]Problem [verschlimmern]”, mit welcher Brachialität, Ignoranz und mangelnder Eleganz also dieser Mann seinen berufsmäßigen Feldzug gegen Aufklärung und Menschlichkeit führt und damit auch ihm tendenziell wohlgesonnene Mehrheiten in Politik und Journaille in die Opposition zu ihm zwingt, kurz: wie hier der Chef eines Konzerns sich und damit sein komplettes Unternehmen öffentlich zum Horst macht, dass ein Hartmut Mehdorn vor Neid erblassen könnte, dann glaube ich, dass dies nicht mehr allein durch Größenwahn, Senilität oder schlechte Berater zu erklären ist.
Nein: Nur ein tatsächlicher direkter und immerheißer Draht zu mindestens einem Gott kann derartige Amok-P.R. begründen. Aus Ratzemannes Munde spricht eine höhere Weisheit, die sich menschlichem und insbesondere meinem Verständnis entzieht, und der ich mich ab heute unterwerfe.
Zeitnah wird instant-eistee.de zum römisch-katholischen Thesenblog umgebaut werden, und ich stelle meine Autorenkollegen hiermit vor die Wahl, mir zu folgen oder die Gemeinschaft der Eisteeheiligen zu verlassen. Meine zahlreichen Groupies und Mätressen mögen zur Kenntnis nehmen, dass ich ab sofort nicht mehr für unverbindliche Spontanficks zur Verfügung stehe, bzw. nur noch unmittelbar vor der wöchentlichen Beichte und selbstverständlich ohne Gummi!
1. Jeder glaubt, sie wären besser als die Alternative. Wer das Gegenteil behauptet, ist nie ganz glaubwürdig. Die Wenigsten aber können gut genug damit umgehen, um die Vorteile wirklich zu nutzen. Wenn sie neu sind, sind sie toll, doch bald geht der Stress los. Man gibt ungern zu, wie viele Mängel sie haben, und wie kümmerlich die Serviceleistungen des Herstellers sind.
Nachdem ich darum gebeten wurde, mich über Wünschelruten zu informieren, habe ich das getan und bin auf die “Skeptiker” von GWUP gestoßen, und auf einen lustigen Fernsehbeitrag, in dem Wünschelruten als Humbug entlarvt werden.
Zunächst: Persönlich habe ich keine Meinung zu Wünschelruten. Weder bin ich davon überzeugt, noch hat es für mich jemals einen Grund gegeben, ihre Funktionsweise anzuzuweifeln. Wer aber der Meinung ist, der unumstößliche wissenschaftliche Nachweis durch GWUP müsse mich nun eindeutig vom Aberglauben bekehrt haben, der irrt. Ich werde jetzt einmal so tun, als wäre ich fest von dem Funktionieren von Wünschelruten überzeugt, und ein paar Gründe nennen, warum an dieser Überzeugung dann so leicht nicht zu rütteln wäre, wie die Schulweisheit sich das gerne erträumt. Schon Weiland Fox Mulder hat auf die Frage, warum er so hartnäckig an UFOs glaube, geantwortet: Because all the evidence to the contrary is not entirely persuasive.
Um die Pointe gleich vorwegzunehmen: Ich will damit keine Lanze für Wünschelruten brechen, sondern nur aufzeigen, dass auch die Gegenposition letzlich nur eines ist: another belive-system.
Das fängt ja schon bei der Frage an: Wer ist überhaupt aufgebrochen, um etwas über Wünschelruten herauszufinden? Waren es unvoreingenommene, neugierige Wissenschaftler? Nein, es waren Angehörige einer Gruppe von “Skeptikern”, die Homöopathie im selben Atemzug mit UFO-Sichtungen nennen, und von denen man erwarten darf, dass sie schon vor dem Experiment von seinem Ausgang überzeugt waren.
Rudolf Steiners Begriff der „Geisteswissenschaft” wird immer wieder mit dem Argument kritisiert, er sei ein Oxymoron: Der Geist als solches sei ein (Wunsch-) Gedankenkonstrukt, dass sich der physischen Wahrnehmung entziehe und deshalb auch nicht wissenschaftlich untersucht werden könne. Witzigerweise kann man dieses Argument umgekehrt auch auf die Grundprämisse von GWUP anwenden: Wissenschaftler, die versuchen, auf der Ebene der Wissenschaft Dinge zu widerlegen, die dadurch definiert sind, dass sie dem gegenwärtigen Erkenntnisstand nach jenseits wissenschaftlicher Erklärungen liegen. Deren unausgesprochenes Kredo lässt sich meist auf folgenden Gedanken herunterbrechen: Was nicht beweisbar ist, existiert nicht. Von dieser ausgehend, wirken die Argumente der Wissenschaft plausibel.
Nur: So gemein das auch ist, wenn ich die Existenz von etwas nicht beweisen kann, habe ich sie damit noch nicht widerlegt. Die Frage ist also: Liefert die Wissenschaft überzeugende Erkärungen dafür, warum der Glaube an so viel Nichtexistentes in der Evolutionsgeschichte des menschlichen Gedankengutes so ungeheuer erfolgreich ist?
Kommen wir aber nun zu dem Fernsehbeitrag. (Da ich mich hauptsächlich auf diesen und nicht auf die Textpassagen beziehe, wollen wir dafür fairerweise außen vor lassen, dass allein aufgrund ihres Entstehungsprozesses dem Inhalt von Fernsehbeiträgen weitaus mehr Skepsis entgegenzubringen ist, als schriftlichen Publikationen).
Was mich überzeugt ist die Erklärung des Geologen, es gäbe gar keine Wasseradern, weil hier ein Experte auf dem Gebiet seines Expertenwissens argumentiert. Nur weil es aber keine Adern gibt, muss das zwangsläufig schon heißen, dass es nichts gibt, was Wünschelruten aufspüren können? Könnte es denn nicht sein, dass auf dieser Welt Kräfte wirken, in Ermangelung besseren Wissens bis Dato als “Wasseradern” erklärt, die zwar wissenschaftlich noch nicht erfasst, einem Menschen mit der entsprechenden geistigen Disposition jedoch vermittels Wünschlruten, Pendeln o.ä. zugänglich sind?
Das hat der Labortest nämlich nicht widerlegt. Der Labortest hat lediglich bewiesen, dass zwei Wünschelrutengänger nicht in der Lage waren, einen vollen Wassereimer unter 12 leeren Wassereimern herauszufinden.
In anderen Gebieten der Wissenschaft ist es längst offen ausgesprochenes Gedankengut, dass eine Laborsituation immer Einfluss auf das Ergebnis hat, egal um wie viel Neutralität man sich bemühen mag. Und ein zugedeckter Wassereimer in einem sterilen Labor ist doch was anderes, als irgenwelche Kräfteverhältnisse in der freien Natur.
Was gar nicht zur Sprache kam: Das Ergebnis der Wünschelrutengänger lag nicht nur daneben, es lag signifikant daneben. In beiden Fällen hieß es: Allein durch das Zufallsprinzip hätten die beiden Männer mehr Treffer haben müssen. Nun könnte man daraus auch ableiten, dass die Methode der Wünschelrutengänger schon einmal nicht auf das Zufallsprinzip beruht, sondern sie offenbar in der Laborsituation sogar richtiggehend fehlgeleitet hat. Das ist nun schon interessant: Hätten die beiden das Wasser aufspüren können (was stochastisch natürlich noch unwahrscheinlicher, dennoch aber nicht unmöglich ist) wären die Versuchsleiter bereit gewesen, dies als Beweis zu akzeptieren, und hätten dafür sogar eine hohe Summe bezahlt. Die signifikant niedrige Trefferquote ist ihnen jedoch Beweis für gar nichts, weil sie ihren Erwartungen entspricht, und sich die damit zusammenhängende Schadenfreude on screen auch gut macht.
Warum aber waren die Herren mit Wünschelrute und Pendel so überzeugt von sich selbst? Haben die beiden wirklich aus reiner Geldgier ein Lottospiel versucht? Immerhin sind sie das Risiko eingegangen, vor laufender Kamera und damit in der breiten Öffentlichkeit ihre Reputation und ihre Karriere zu ruinieren. Wären sie Schwindler, hätten sie sich auf den Deal niemals eingelassen. David Copperfield erfüllt auch keine Publikumswünsche.
Irgendwie müssen die beiden also geglaubt haben, dass ihre Methode funktioniert. Die Erklärung, die GWUP dafür liefert: Die Männer waren unbewusst selbst für die Bewegung ihrer Wünschelrute bzw. ihres Pendels verantwortlich. Dort, wo eine Reaktion erwartet werde, würden minimale Bewegungen der Wünschelrute als Ausschlag interpretiert, durch die Erregung über den Ausschlag entstünden dann unbewußte Bewegungen der Hand, die sich weiter auf die Wünschelrute übertragen und zu einem verstärkten, nun als eindeutig wahrgenommenen Ausschlag kulminieren würden.
Ich stehe damit vielleicht allein da, aber ich muss einfach sagen: Die Vorstellung, das Menschen sich ein Leben lang derartig selbst bescheißen und so wenig psychische Kontrolle über ihre Physis haben, sich damit bis zu dem Labortest jedoch irgendwie durchschlagen konnten, halte ich persönich für ebenso abenteuerlich wie die von herumwabernden Kraftfeldern, die sich mit Pendeln und Wünschelruten aufspüren lassen. Sicherlich mag diese psychologische Wirkung ein Teil des ganzen Spaßes mit Wünschelruten sein, aber reicht sie über alle Einzelfälle hinweg als Erklärung dafür aus, warum sich dieser Aberglauben seit 500 Jahren gehalten hat?
Weil das offenbar auch die Wissenschaft nicht so ganz überzeugt, wird noch eine zweite Erklärung herangezogen: Dass Gustav Freiherr von Pohl 1930 in einem Dorf nämlich gelungen ist, was im Labor immer fehlschlägt, nämlich allein anhand einer Wünschelrute exakt zutreffende Aussagen über die Krebserkrankungen in einer Gemeinde zu treffen, sei nichts anders als ein Taschenspielertrick gewesen. Der Mann soll nicht an seiner Wünschelrute, sondern allein an den (wieder unbewußten) Reaktionen seiner Begleiter festgestellt haben, wenn auf dem Grundstück, das er abging, Todesfälle aufgetreten waren. Donnerwetter! Auch das ist ein Kunststück, das Applaus verdient. Wenn Uri Geller das könnte, könnte er sich eine Menge peinlicher Fernsehauftritte sparen.
Man könnte jetzt doch die Summe, die den Wünschelrutengängern für das Aufspüren von Wassereimern versprochen worden ist, auch für denjenigen ausloben, der (ohne Wünschelrute) von ein paar alten Herren durch ein Dorf geführt, allein an deren unbewußten Reaktionen Aussagen über die Krebstode der Ortschaft treffen kann. Der Ausgang dieses Feldversuches würde mich interessieren.
Wir halten also fest: Wünschelrutengänger sind je nach Trefferquote entweder Scharlatane mit bewundernswertem Talent, oder Selbsttäuscher, die über Jahre hinweg nicht bemerken, dass sie die Ausschläge ihres Instrumentes selbst produzieren.
Haben wir hier nicht einfach nur alten Aberglauben durch neuen Aberglauben ersetzt? Früher haben wir Erklärungen in „Zwergen, Gnomen, Elfen” gesucht, heute machen wir für all das die Unzulänglichkeit unseres eigenen Denk- und Wahrnehmungsapparates verantwortlich und verpflanzen alle Ursachen ins menschliche Gehirn. Wir sind also eher bereit, zu akzeptieren, dass wir alle potenziel etwas irre und disfunktional sind, als dass es mehr zwischen Himmel und Erde geben könnte, als unsere Schulweisheit sich träumen lässt.
Vom Standpunkt eines -sagen wir- Drehbuchautoren gesehen, ist beides gleich phantastisch. Man muss sich jetzt nur zwischen einer Folge Akte X und einer Komödie entscheiden. Wenn man sich unsere Gesellschaft allerdings so anschaut, ist die zweite vielleicht sogar tatsächlich die weitaus plausiblere Variante.
Eine Studie soll ergeben haben, dass das Handy im Leben der Menschen meiner Generation ( das wären dann noch die Twenty-Somethings) eine größere Rolle spielt, als der Partner, Lover, bzw. “Lebensabschnittsgefährte”.
Ich warte ja sowieso schon lange auf das Handy, das alles kann. Das i-Phone ist ein Anfang, aber noch nicht konsequent genug. Zum Beispiel könnte man es noch mit den Eigenschaften eines Tamagochis ausstatten, das nicht mit Nahrung, sondern mit Anrufen und SMS gefüttert werden will, weil es sonst an sozialer Vernachlässigung eingeht. Wer sein Handy nicht täglich zur Kommunikation mit seinen Freunden benutzt, der wird bald zusehen müssen, wie das arme Viech krank wird und verreckt.
Es sei denn natürlich, das Handy kann sich seine Freunde auch selbst suchen. Genauso wie zwei Hundebesitzer kaum aneinander vorbeigehen können, ohne dass die vierbeinigen Genossen sich kurz anschnüffeln um sich dann entweder zu ignorieren, anzugiften oder noch intensiver zu beschnüffeln, können auch bald keine zwei Besitzer vernachlässigter Handys aneinander vorbeigehen, ohne dass die Telefone automatisch ihre Nummern austauschen und schon einmal die gespeichteren Daten auf mögliche gemeinsame Freunde, gemeinsame Hobbys oder gemeinsames Konsumverhalten abgleichen. Wird eine ausreichend große Gemeinsamkeit ermittelt, rufen die Handys sich gegenseitig automatisch an, und man kann auf diese Weise neue Menschen kennenlernen und hat bald eine Freundesliste die auf vierstellige Zahlen zusteuert.
Und das ist natürlich gut, weil: je mehr Freunde man hat, umso größer die Wahrscheinlichkeit, einen Anruf oder eine SMS zu bekommen, die das Überleben des scheißteueren Telefons sichert. Und das ist, wie wir ja wissen, unser Lebensmittelpunkt.
Okay, ist schon eine Weile her, seit ich das im Schaukasten einer Münchner Tageszeitung gelesen habe.
Weniger die Tatsache, dass irgendwelche Sternchen sich von ihrem reichen Liebhaber eine Brust-OP zu Weihnachten schenken lassen, sondern die (zumindest im süddeutschen Raum) zweideutige Formulierung hat mich dabei irritiert.
Welche Bilder wären wohl bei mir hervorgerufen worden, hätte ich diese Schlagzeile im zarten Alter von sechs oder sieben Jahren gelesen? Die eines Christuskindes (das man sich jetzt wie das auf der letzten Seite vom Struwwelpeter vorstellen muss) mit golden schimmerndem Heiligenschein und Lara Croft -artigen Auswüchsen unter dem Gewand, oder gar die sich unter dem Schein der Christbaumkerzen unter glitzerndem Geschenkpapier wölbender, weiblicher Rundungen?
Wäre ich der Redakteur des Artikels gewesen, hätte ich ihn mit Rücksicht auf die Vorstellungswelt jüngerer, unfreiwilliger Mitleser, vielleicht etwas sinnbildlicher verpacken lassen, etwa mit Süßer die Glocken nie klingen…
(Manchmal kann ich billigen Wortspielen nicht widerstehen).