Barack in Kairo
Malibu Aircraft; 2009-06-04
Normalerweise finde ich Besprechungen einzelner Politikerreden eher ermüdend. Aber wenn eine Rede vom amerikanischen Präsidenten als Ansprache an die „muslimische Welt“, zwei zusammen völlig bedeutungslose Worte, in der Hauptstadt eines autoritären, pseudodemokratischen Polizeistaates, in dem die Hauptgesetzesquelle die Scharia ist, angekündigt wird, dann ist es vielleicht doch wert, ein bisschen genauer zu schauen. Im Prinzip ist an der Rede nichts falsch, außer dem, was man auch vorher schon vermuten konnte. Und es nichts dran zu rütteln, dass Obama ein guter und angenehmer Sprecher ist.
Das Hauptproblem ist, dass gleichzeitig Klischees und Vereinfachungen bekämpft werden sollen, während sie gebaut werden. Es gibt eine muslimische Welt noch weniger als es eine christliche Welt gibt. Schiiten, Sunniten, Wahhabiten, Sufiten, Aleviten, usw. bekämpfen sich nicht nur gegenseitig, sondern auch untereinander. Wenn man den Irak beispielweise nach Religionsrichtungen aufteilen würde, hätte man bestenfalls lauter Ministaaten von der Größe kleiner Städte.
Obama weiß das natürlich, deswegen ist es ja auch nur eine symbolische Rede und letztendlich nicht mehr als eine Mischung aus allgemeinen Schmeichelein und ein paar Dingen, die zwar nicht neu sind, aber auch nicht zu wenig gesagt werden können.
Aber ob es gut ist, ein Bild eines nicht-existenten einheitlichen Islam zu zeichnen und dabei Kultur mit Religion quasi gleichzusetzen, während demokratische und säkulare Werte implizit als „westlich“ gebrandmarkt werden, wage ich zu bezweifeln.